22.03.2016 15:19:53

Schäuble plant dritte schwarze Null in Folge

   Von Stefan Lange und Andrea Thomas

   BERLIN (Dow Jones)-- Die deutsche Bundesregierung setzt trotz schwankender Weltwirtschaft und hoher Flüchtlingskosten weiter auf die schwarze Null. Bis 2020 sollen keine neuen Schulden gemacht werden, wie aus der Haushaltsplanung von Finanzminister Wolfgang Schäuble hervorgeht. Das Papier lag Dow Jones Newswires am Dienstag vor. Es soll am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden.

   Die Eckwerte für den Haushalt 2017 sehen demnach Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 325,5 Milliarden Euro vor. Dies wäre der dritte ausgeglichene Haushalt ohne neue Schulden in Folge. In 2018 stehen jeweils 326,3 Milliarden Euro im Finanzplan. In 2019 sind 342,1 Milliarden und in 2020 knapp 348 Milliarden Euro eingeplant.

   In seiner Planung setzt Schäuble auf weiterhin steigende Steuereinnahmen. Für 2017 sind 299,4 Milliarden Euro angesetzt, in 2018 sollen es 312,9 Milliarden, in 2019 dann 325,2 Milliarden und in 2020 schließlich 336,7 Milliarden Euro sein. Dazu verfügt der Staat noch über andere Finanzquellen wie zum Beispiel Zölle, Gebühren und den Notenbankgewinn.

Zuwachs für Arbeit und Verteidigung Größter Posten im Zahlenwerk ist einmal mehr das Arbeitsministerium. Das Haus von Ministerin Andrea Nahles (SPD) kann 2017 mit rund 139 Milliarden Euro planen, 6,8 Prozent mehr als in diesem Jahr. Dem Innenministerium stehen auch aufgrund der wachsenden Terrorgefahr 5,6 Prozent mehr Geld zur Verfügung (8,2 Milliarden).

   Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen kann sich über ein Plus von 6,8 Prozent auf 36,6 Milliarden Euro freuen. Das Wirtschaftsministerium muss nach Schäubles Plänen hingegen mit 4 Prozent weniger auskommen (7,3 Milliarden in 2017), der Etat des Auswärtigen Amtes schrumpft um 5,5 Prozent auf rund 4,5 Milliarden Euro.

   Die sogenannten zukunfts- und wachstumsorientierten Ausgaben steigen dagegen weiter an. So klettern die Investitionsausgaben von 31,5 Milliarden in diesem auf 33,7 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Die Ausgaben für Bildung und Forschung steigen im gleichen Zeitraum von 21,1 auf 22,6 Milliarden Euro.

Wachstum und kein Ende Für seine Planung macht sich Schäuble die Konjunkturprognosen der Bundesregierung zu Eigen. "Die Rahmenbedingungen für eine Fortsetzung der gesamtwirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung werden im Jahr 2016 gut bleiben", heißt es unter Verweis auf die aktuelle Jahresschätzung. Sie sagt für 2016 ein Wachstum von 1,7 Prozent voraus. Als Haupttriebfeder des Wirtschaftswachstums in Deutschland wird die Ausweitung des privaten und staatlichen Konsums gesehen.

   Beim Arbeitsmarkt gehen Schäuble und seine Experten von einer "günstigen Entwicklung" aus - basierend auf einer hohen Arbeitskräftenachfrage und einem robusten Wirtschaftswachstum. Der Flüchtlingszustrom werde sich zunächst nur wenig auswirken, gerechnet wird "mit einem moderaten Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Laufe des Jahres". Das Finanzministerium verweist auf die Jahresprojektion der Bundesregierung, wonach die Arbeitslosenzahl in diesem Jahr um 30.000 steigen wird, während die Arbeitslosenquote bei 6,4 Prozent gleich bleibt.

   Im Vergleich zur geltenden Finanzplanung sehen die Eckwerte für 2017 beim Kampf gegen die Flüchtlingskrise bereits Mehrausgaben in Höhe von rund 10 Milliarden Euro vor. Darin enthalten sind Kosten für Sprachkurse, Integrationsprogramme, für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Bundespolizei sowie die Fluchtursachenbekämpfung. Für den Wohnungsbau sind auch im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom zusätzlich 0,8 Milliarden Euro, für Arbeitsmarkt, Integration und Rente rund 1,1 Milliarden sowie für familienpolitische Maßnahmen rund 0,45 Milliarden Euro vorgesehen.

Gefahr beim Export Allerdings wagen auch Schäubles Beamte den Blick über den deutschen Tellerrand und warnen vor möglichen Exportrisiken aufgrund einer Eintrübung der Wachstumsaussichten in den Schwellenländern sowie einer Verschärfung der geopolitischen Konflikte. "Auch abrupte und markante Schwankungen des Ölpreises oder des Wechselkurses könnten die konjunkturelle Entwicklung beeinflussen", heißt es im Ministerium. Und: "Höchst unsicher sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Zustroms an Asylsuchenden, dessen Umfang kaum prognostizierbar ist."

Strikte Ausgabendisziplin Die Zahlen für den Haushalt 2017 und die folgende Finanzplanung sind natürlich noch nicht in Stein gemeißelt. Bis zur Beschlussfassung über den kompletten Regierungsentwurf im Bundeskabinett voraussichtlich am 6. Juli kann es noch Änderungen geben. Diese sind insbesondere wegen der Frühjahrprojektion der Bundesregierung, der Anfang Mai erwarteten Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzung sowie der Rentenschätzung möglich. Die Gespräche zum Regierungsentwurf sollen deshalb bis zum 17. Juni abgeschlossen werden.

   Dem Haushalts-Zahlenspiel war ein Streit zwischen Union und SPD vorausgegangen. Die SPD hatte mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen sowie für Projekte für den gesellschaftlichen Zusammenhalt verlangt, wozu Schäuble zunächst nicht bereit gewesen war. Schäuble kam diesen Forderungen erst in letzter Minute nach. Der CDU-Politiker und SPD-Chef Sigmar Gabriel konnten sich erst Ende vergangener Woche einigen. Rund 5 Milliarden Euro kosten die Forderungen der Sozialdemokraten, das Geld muss in den Ministerien eingespart werden.

   Etwaigen Sonderwünschen der Minister erteilt Schäuble deshalb eine klare Absage. "Neue Planstellen und Stellen können nur bei unabweisbarem Bedarf, der durch anerkannte Methoden der Personalbedarfsermittlung nachgewiesen wurde, und unter Anlegung eines strengen und restriktiven Maßstabs bewilligt werden", schreibt er seinen Kollegen ins Pflichtbuch.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/chg

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   March 22, 2016 10:12 ET (14:12 GMT)

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