10.07.2014 12:27:48
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Schäuble: US-Spionage "Dummheit" - Washington schweigt
BERLIN/WASHINGTON (dpa-AFX) - Die deutsche Regierung verschärft in der Spionageaffäre den Ton gegenüber den USA. Nachdem zunächst von "tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten" die Rede war, nannte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Agieren der Amerikaner am Mittwochabend eine "Dummheit". Zwar hätte Deutschland ohne die Partnerschaft mit US-Geheimdiensten viele Terrorbedrohungen nicht abwehren können, sagte er nach Angaben des Senders Phoenix. Dies heiße aber nicht, "dass die Amerikaner drittklassige Leute bei uns anwerben dürfen. Das ist so was von blöd, und über so viel Dummheit kann man auch nur weinen. Deswegen ist die Kanzlerin da auch "not amused"", sagte Schäuble.
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach von Konsequenzen für die USA auch in anderen Sachfragen - ohne diese allerdings konkret zu benennen. Sie glaube nicht, dass die Bundesregierung oder auch nur die Arbeitsebenen darunter in der bilateralen Zusammenarbeit über das Thema hinweggehen würden, sagte sie im ZDF. "Wir sind nicht irgendeine Bananenrepublik", erklärte sie. Die Aktivitäten der Amerikaner seien "Ausdruck einer Mentalität, die mit unserer Vorstellung von Verbündetsein, von Datenschutz nichts zu tun hat".
Die US-Regierung schweigt öffentlich zu dem neuen Spionageverdacht gegen ihre Geheimdienste. Man habe entsprechende Berichte gesehen, wolle aber Ermittlungen deutscher Justizbehörden oder Behauptungen über Geheimdienstangelegenheiten nicht kommentieren, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden, der Nachrichtenagentur dpa in Washington.
US-Regierungssprecher Josh Earnest betonte die deutsch-amerikanische Sicherheitspartnerschaft. Diese Zusammenarbeit stärke die nationale Sicherheit sowohl in Deutschland als auch in den USA, sagte er. Die konkreten Vorwürfe, wonach es einen Spion auch im Berliner Verteidigungsministerium gebe, wollte er nicht kommentieren.
Am Mittwoch war bekanntgeworden, dass die Bundesanwaltschaft jetzt auch gegen einen mutmaßlichen Spitzel im Verteidigungsministerium ermittelt, einen Referenten aus der politischen Abteilung. Laut Bundesanwaltschaft wurden bei der Durchsuchung seiner Dienst- und Wohnräume Computer und Datenträger sichergestellt, die nun untersucht werden. Seit einer Woche sitzt bereits ein Beamter des Bundesnachrichtendienstes in Untersuchungshaft, weil er die Amerikaner gegen Bezahlung mit Informationen versorgt haben soll.
Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold befürchtet, dass es noch weitere Spione gibt. "Was wir sehen ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs", sagte er der dpa. Er bezweifelte aber, dass die weitergegebenen Informationen größeren Wert für die USA haben.
Eine Delegation des Auswärtigen Ausschusses, die unter Leitung des Ausschussvorsitzenden Norbert Röttgen (CDU/CSU) zu Gesprächen in die USA gereist ist, steht machtlos vor den jüngsten Enthüllungen. "Weder die eigene Regierung hat uns informiert, geschweige denn die Amerikaner", sagt der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, der sich in Sachen Spionage keinerlei Zugeständnisse aus Washington erhofft. "Man steht natürlich schon ein bisschen ratlos davor." Zwischen Berlin und Washington gibt es nach den Enthüllungen über den US-Geheimdienst NSA und das abgehörte Kanzlerhandy bereits seit einem Jahr Misstöne.
An diesem Donnerstag beschäftigt die Affäre um die Aktivitäten der US-Geheimdienste auf deutschem Boden auch den Bundestag. Das geheim tagende Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste kommt trotz Parlamentsferien zu einer Sondersitzung zusammen.
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth forderte, die Gespräche mit den USA über ein Freihandelsabkommen sofort zu stoppen. "So kann man doch nicht verhandeln, solange auf der anderen Seite des Tisches einer sitzt, der die eigene Strategie vorher kennt", sagte die Grünen-Politikerin der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstag).
Linke-Verteidigungsexperte Alexander Neu forderte eine Neubewertung der Aufgaben der deutschen Geheimdienste. "Denn es zeigt sich einmal mehr: Staaten haben keine Freunde, sondern Interessen."/mfi/DP/stb
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