30.05.2016 11:49:46
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Schäuble: Briten werden am Ende vernünftig entscheiden
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet damit, dass die Briten bei ihrem Referendum am 23. Juni wohl für einen Verbleib in der Europäischen Union votieren dürften. "Ich vermute, dass die Briten am Ende doch eine 'reasonable' Entscheidung treffen werden", sagte Schäuble bei einer Konferenz im Finanzministerium. "Eine vernünftige, ja", erklärte der Finanzminister auf eine entsprechende Nachfrage. "Ich sage es jetzt britisch, dann kann man interpretieren", erklärte der CDU-Politiker zwar. "Aber ich vermute mal."
Bei der Konferenz zum Thema "Demografie und Tragfähigkeit" betonte Schäuble zudem, es gelinge den Staaten Europas derzeit nur "unzureichend", die langfristig notwendigen Politikschritte kurzfristig durchzusetzen. Allerdings funktionierten so die Entscheidungsprozesse im politischen System. "Deswegen ist es immer das Bemühen, das eine mit dem anderen einigermaßen in der Balance zu halten", sagte Schäuble, räumte aber ein: "Wir schaffen das nur begrenzt." Der Finanzminister forderte deshalb, man müsse noch mehr "auf Institutionen setzen".
Schäuble warnt vor "moral hazard" in Griechenland
Ausdrücklich verteidigte Schäuble in diesem Kontext die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) und kritisierte Überlegungen, zum Beispiel Veränderungen an den Stimmrechten vorzunehmen. "Das ist alles ein wenig dann in die falsche Richtung nach meiner Überzeugung", sagte Schäuble, "so lange gewährleistet ist, dass unabhängige Institutionen tatsächlich auch entsprechend der Unabhängigkeit ihre Entscheidungen treffen."
Den Ansatz der Euro-Rettungspolitik, Hilfen gegen Konditionalität zu gewähren, lobte Schäuble aber erneut als "richtig". Nötig sei eine Mischung aus Anreizen und Druck, weil Anreize allein dazu verleiten könnten, Reformen zu vernachlässigen - was man dann als "moral hazard" bezeichne.
Mit dieser Rettungspolitik sei es Ländern wie Zypern, Irland, Spanien und Portugal gelungen, deutliche Fortschritte zu erreichen. "Griechenland ist ein viel schwierigerer Fall", räumte Schäuble aber ein. So habe kein Land in Europa einen derart hohen Anteil nicht bezahlter Steuern aufzuweisen. Und weil die Rentenreform erst 2017 greife, gingen nun "zehntausende Griechen" in den vorzeitigen Ruhestand. "Das ist 'moral hazard', und zwar konkret", beklagte Schäuble.
Griechenland müsse eine leistungsfähige Verwaltung aufbauen und sich daran gewöhnen, dass es eine solche gebe, forderte der Bundesfinanzminister.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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May 30, 2016 05:46 ET (09:46 GMT)
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