Suche nach neuem Image 04.06.2014 07:25:32

SAP will jung, schlicht und sexy werden

Ein junger Start-up-Unternehmer demonstriert seine Sprachfähigkeiten, ein junger DJ aus Sierra Leone erzählt seine Lebensgeschichte, und eine junge Aktivistin und Unternehmerin beschreibt, wie sie junge Mädchen zu Technik-Geeks machen will. Was das alles mit SAP zu tun hat? Der Chef Bill McDermott verkündete auf der Bühne, er wolle allen dreien ein Jobangebot machen.

   Dass sich der deutsche Traditionshersteller von Geschäftssoftware im Umfeld junger Start-up-Unternehmer präsentiert, macht vor allem eines deutlich: Europas größter Softwarekonzern ist auf der Suche nach einem neuen Image. Weniger deutsch, weniger langweilig, weniger vom Bild der Software für trockene Geschäftsvorgänge geprägt. SAP will sexy werden - und auch ein wenig von dem Glanz abbekommen, in dem Stars des Silicon Valley wie Apple, Google und Amazon erstrahlen.

   Das zeigt sich beispielsweise in kurzen Filmchen, die auf der Bühne in Orlando eingespielt werden. In denen wird sich über Telefonkonferenzen lustig gemacht, und Hipster mit Vollbart zeigen, wie sie Lösungen von SAP für ihre Start-ups nutzen.

   Für Orlando hat McDermott außerdem eine schlichte Botschaft mitgebracht: "Einfachheit." "Wir wollen den Status quo wirklich umwerfen", sagt der Amerikaner. "Wir können und wir werden Komplexität schlagen." Das Publikum mit dieser Botschaft mitzureißen, fällt dem charismatischen Manager trotzdem schwer.

   McDermott versucht es mit guten Neuigkeiten für seine zahlenden Kunden: Fiori, eine SAP-Plattform, die Prozesse grafisch für mobile Geräte via Apps aufbereitet, ist ab sofort kostenlos, verkündet der CEO auf der Bühne. Wer bereits gezahlt habe, bekomme sein Geld zurück. Damit reagiert SAP auf die Kritik von Kunden, die nicht einsehen wollten, dass sie für eine reine Benutzeroberfläche von Softwarelösungen, für die sie bereits bezahlt haben, nochmals zur Kasse gebeten werden sollten.

   Eine neue Softwarelösung hat McDermott, der inzwischen allein an der SAP-Spitze steht, auch im Gepäck: Simple Finance. Bei der Vorstellung der neuen vereinheitlichten Finanzsoftware wird deutlich, dass sich der SAP-Zug auch nach dem Abgang von Technikchef Vishal Sikka weiter in schnell in Richtung Cloud und Hana bewegt. Erstmals bietet SAP die Lizenz auch wahlweise als Mietmodell an. Weil Simple Finance auf der Echtzeitdatenbank Hana basiert, ermöglicht die Software laut SAP eine strategische Finanzplanung auf Basis von Echtzeitdaten. Teile der Software stehen Kunden sogar nur aus der Cloud zur Verfügung, erklärte SAP in Walldorf, wo die Sapphire-Konferenz am Dienstag live übertragen wurde.

   Eine einheitliche Lösung für Finanzsoftware gebe es bislang noch nicht, sagte Chris Horak, Global Vice President Product Marketing. "Jetzt müssen wir das am Markt beweisen." SAP will einzelne große Kunden für das Produkt gewinnen, die dann als Referenz dienen sollen. Langfristig würde sich SAP freuen, wenn sämtliche Kunden Software auf Basis Hana nutzten - das sei aber auch auf Jahrzehnte hinaus nicht notwendig, erklärt das Unternehmen.

   SAP sieht Cloud Computing, die Nutzung von Programmen über das Internet, und die Echtzeitdatenbank Hana, als Basis für sein Softwaregeschäft der Zukunft - auch und gerade für kleine und mittelständische Unternehmen. Im Vergleich zum klassischen On-Premise-Geschäft sind die mit Cloud-Software erzielten Umsätze allerdings noch klein - auch wenn das Wachstum hier stark ist.

   Intern sorgt der von Aufsichtsratschef Hasso Plattner vorangetriebene Umbauprozess in Richtung Cloud und einfacher Benutzeroberflächen allerdings für einige Unruhe. In der deutschen Belegschaft gibt es Befürchtungen, gegenüber dem amerikanischen SAP-Standort im Silicon Valley zurückgesetzt zu werden. Jüngst bekanntgewordene Pläne einer Restrukturierung der Belegschaft im Zusammenhang mit dem Cloud-Umbau, deretwegen sich rund 2.000 Mitarbeiter auf Versetzungen oder Entlassungen einstellen müssen, sorgen für zusätzliche Unruhe.

   Kevin Gilroy, Senior Vice President und General Manager für Global Small & Mid Market Segment, betonte auf der Veranstaltung den Erfolg der Echtzeitdatenbank Hana - auch bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Allerdings seien Unternehmen in den USA schneller bei der Umsetzung als Firmen in Deutschland und Europa, räumte er ein. Inzwischen nutzten mehr als 1.000 Kunden die Business Suite von SAP auf Hana-Basis. SAP strebe ein zweistelliges Wachstum bei KMU an.

   Bei KMU in Deutschland herrsche noch Skepsis gegenüber der Cloud vor, sagte SAP-Manager Horak im Gespräch mit dem Wall Street Journal Deutschland. Neben zahlreichen Sicherheitsmaßnehmen begegne SAP den Sorgen vor allem damit, die Daten ausschließlich auf Servern in Deutschland verfügbar zu halten.

   Vor rund einem Monat hatte SAP überraschend den sofortigen Rücktritt des SAP-Technikvorstands Sikka Vishal verkündet. Sein Nachfolger im Vorstand, Bernd Leukert, versprach in Orlando Kontinuität: "Es ist wichtig zu betonen, dass wir bereits vor einem Jahr verkündet haben, dass SAP die Kernsoftware in die Cloud und auf Hana transformieren wird." Im Publikum saß Leukert direkt neben SAPs übermächtigem Gründer und Aufsichtsratschef Plattner.

   Hana ist eine sogenannte In-Memory-Datenbank, bei der die Daten nicht auf der langsamen Festplatte, sondern im schnelleren aber auch teureren Arbeitsspeicher verarbeitet werden. Die Software soll die Planung der Unternehmensfinanzen auf Basis von Echtzeitdaten erlauben. Noch in der ersten Jahreshälfte will SAP-Konkurrent Oracle eine eigene Echtzeitdatenbank auf den Markt bringen.

   DJG/WSJ/jhe

   Dow Jones Newswires

Von STEPHAN DÖRNER

WALLDORF

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