"Aus persönlichen Gründen" 05.05.2014 06:25:31

SAP verliert mit Technikvorstand Sikka seinen "Mr. HANA"

Technikvorstand Vishal Sikka verlasse mit sofortiger Wirkung und "aus persönlichen Gründen" das Unternehmen, teilte SAP überraschend am Sonntagabend mit. Sikka war bei dem Dax-Konzern für Technik und Innovation zuständig und half entscheidend mit, die Echtzeitdatenbank HANA zu entwickeln. Diese Plattform ist das Vorzeigeprodukt von SAP im großen und rasch wachsenden Markt für analytische Software.

   Der Softwarekonzern misst HANA strategische Bedeutung bei. Er macht über diese Plattform andere Softwareprodukte verfügbar, die er verkauft. HANA - eine Mischung aus Hardware und Software - ermöglicht es Kunden, Daten in Echtzeit zu speichern. Gegenüber dem herkömmlichen Speichern über Festplatten lässt sich auf diese Plattform schneller und ohne zeitaufwändige Zwischenschritte zugreifen.

   Die persönlichen Gründe für den Abgang von Sikka wollte SAP-Sprecher Daniel Reinhardt nicht weiter erläutern. Es handle sich aber "tatsächlich um persönliche Gründe." Auf die Frage, warum SAP die Personalie an einem späten Sonntagabend kommuniziere, sagte Reinhardt, dass sich der Aufsichtsrat zu diesem Zeitpunkt entschlossen habe, dem Gesuch von Sikka stattzugeben. Zum Zeitpunkt des Gesuchs wollte er sich nicht äußern. Aus Unternehmenskreisen heißt es, dass Sikka künftig keinerlei Rolle mehr im Unternehmen spielen wird.

   In den SAP-Vorstand rückt nun Vertriebschef Robert Enslin auf sowie Bernd Leukert, der bislang für die Anwendungsentwicklung zuständig war. Enslin werde weiterhin die Vertriebsorganisation leiten, während Leukert als direkter Nachfolger von Sikka die Verantwortung für die weltweite Entwicklungsorganisation übernehmen werde, teilte SAP weiter mit.

   Auf die Strategie von SAP wirke sich der Führungswechsel nicht aus, betonte Reinhardt: "Es ist wichtig zu wissen, dass es weiterhin operativ und strategisch ein voll funktionsfähiges Management-Team im Bereich HANA geben wird." Wesentliche Teile des operativen Geschäfts seien zuvor schon im Verantwortungsbereich vom Leukert gewesen, sagte Reinhardt.

   Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Gartner ist SAP der weltgrößte Verkäufer von analytischer Software und Software zur Abwicklung von Geschäftsprozessen mit einem Umsatzanteil am Markt von mehr als 3 Milliarden US-Dollar, gefolgt von Oracle mit knapp 2 Milliarden Dollar, IBM mit 1,8 Milliarden Dollar und SAS Institute mit 1,7 Milliarden Dollar. Der Gesamtmarkt expandierte im vergangenen Jahr um 8 Prozent auf einen Gesamtwert von 14,4 Milliarden Dollar.

   Am 21. Mai will der bisherige Co-Chef von SAP, Jim Hagemann Snabe, seinen Posten nach der Hauptversammlung am 21. Mai aufgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. Dann wird sein bisheriger Co-CEO Bill McDermott alleiniger SAP-Chef.

   McDermott arbeitet nach Auskunft des Konzernsprechers James Dever schon seit einiger Zeit daran, die "nächste Generation des Führungsteams" aufzustellen.

   HANA ist jetzt "als Plattform etabliert" und sei das am schnellsten wachsende Produkt in der Geschichte des Konzerns, sagte Dever. Die Plattform trage 1 Milliarde Dollar oder mehr zum Gesamtumsatz von SAP bei. Wie Dever weiter mitteilte, habe der Konzern bereits damit begonnen, andere Produkte - darunter die E-Commerce-Anwendung Ariba sowie das Personaldienstleistungsprogramm Successfactors - über HANA zu betreiben.

   Sikka arbeitete seit 2002 bei SAP und wurde im Jahr 2010 in den Vorstand von SAP aufgenommen. Er trieb die Entwicklung von HANA voran und übersah maßgeblich ihre Markteinführung im Juni 2011. Der Aufstieg des 46-Jährigen zum Technikchef hing eng mit der wachsenden Bedeutung von HANA in der Unternehmensstrategie zusammen.

   "Vishal hat einen entscheidenden Beitrag geleistet, um SAP in diese Position zu bringen und dafür möchte ich mich bei ihm persönlich bedanken. Unsere Freundschaft wird auch in Zukunft bestehen bleiben" sagt Hasso Plattner, Vorsitzender des SAP-Aufsichtsrates, in der Mitteilung.

   Laut SAP wird die Echtzeitdatenbank inzwischen von mehr als 3.200 Kunden genutzt. Mehr als 1.200 Start-up-Unternehmen aus 57 Ländern entwickelten ihre Anwendungen für HANA. Wie hoch der prozentuale Anteil von HANA-Nutzern beispielsweise bei Neulizenzen für das Produkt Business Suite ist, will SAP nicht verraten.

   Enslin begann seine Laufbahn bei SAP im Jahr 1992 in der Service-Organisation des Unternehmens in Südafrika. Er leitet heute über 20.000 Vertriebs- und Servicemitarbeiter. Leukert ist seit 1994 bei SAP. Enslin und Leukert gehörten bisher zum erweiterten Führungskreis bei SAP, den das Unternehmen selbst "Global Managing Board" nennt. Neu in diese erweiterte Fürhungsriege steigen Helen Arnold als des Chief Information Officer und der Personaler Stefan Ries auf.

   Vergangenes Jahr hatten bereits zwei Manager SAP verlassen: Personalchefin Luisa Delgado und der für das Cloud-Geschäft zuständige Lars Dalgaard.

   Im April meldete SAP steigende Umsätze und Gewinne für das erste Quartal. Eine wachsende Nachfrage für internetbasierte Anwendungen hätte negative Wechselkurs-Auswirkungen wettgemacht. Der Umsatz im Quartal stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus Abonnements für Cloud-Dienste und Support des Konzerns stiegen um 60 Prozent auf 219 Millionen Euro. Die Verkäufe traditioneller Software für die Installation auf Computern blieben im Großen und Ganzen gleich.

   Der Nettogewinn stieg um 3 Prozent auf 534 Millionen Euro.

   Das Unternehmen schlüsselt den Umsatz, den es mit HANA macht, nicht mehr gesondert auf. Es sei nicht möglich, HANA von den anderen Produkten, die auf der Plattform laufen, zu trennen, sagt SAP. Im Jahr 2013 generierte HANA Einnahmen in Höhe von 633 Millionen Euro - 69 Prozent mehr als im Jahr davor.

   DJG/WSJ/jhe

 Dow Jones Newswires

Von MICHAEL HICKINS und STEPHAN DÖRNER

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