10.06.2014 14:20:30
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S&P: Entschuldung wird Euro-Wirtschaft noch lange bremsen
Von Hans Bentzien
Die unvermeidliche Entschuldung öffentlicher und privater Kreditnehmer wird das Wirtschaftswachstum im Euroraum nach Einschätzung von Standard & Poor's (S&P) noch für längere Zeit bremsen. Das könnte die Unzufriedenheit in der Bevölkerung der Krisenländer steigern und Reformen erschweren. Die Pläne der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine Ankurbelung der Unternehmenskreditvergabe in Südeuropa findet die Ratingagentur deshalb auch positiv.
Der für europäische Ratings zuständige Ökonom Moritz Krämer weist in einem aktuellen Bericht darauf hin, dass die Hilfen von Regierungen und internationalen Organisationen einerseits wohl eine deflationäre Spirale verhindert, andererseits aber die öffentliche Verschuldung erhöht haben. Sie glichen damit die Entschuldung von Unternehmen und privaten Haushalten aus, womit der Schuldenüberhang insgesamt aber bestehen bleibe.
"Gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung ist die Verschuldung Portugals, Spaniens, Griechenlands, Italiens, Irlands und Sloweniens zwischen Anfang 2006 und dem Höhepunkt 2013 im Durchschnitt um 106 Prozentpunkte gestiegen und seitdem nur um 3 Prozent gesunken", rechnet Krämer vor. Die Entschuldung der Euro-Peripherie als Ganzes habe also gerade mal begonnen.
Allerdings verbergen sich hinter dem Durchschnitt durchaus Erfolgsgeschichten wie die Spaniens und Irlands. Die spanischen Unternehmen haben ihre Verschuldung seit dem Höhepunkt 2010 um 20 Prozentpunkte verringert und die privaten Haushalte um 10. In Irland bauten die Akteure ihre Verschuldung um 14 bzw. 24 Prozentpunkte ab. "Es kommt nicht von ungefähr, dass Standard & Poor's unter den staatlichen Schuldnern der Peripherie bisher nur Spanien und Irland hoch gestuft hat", sagt Krämer.
Wie es mit dem so genannten "Deleveraging" weiter geht, kann natürlich auch S&P nicht wissen. Würden aber die Unternehmen und privaten Haushalte der Peripherieländer ihre Entschuldung bis 2020 mit den gleichen Quartalsraten wie 2012 und 2013 vorantreiben, dann würde Spanien die größten Fortschritte machen, gefolgt von Irland und Portugal, während sich am anderen Ende Griechenland fast gar nicht bewegt hätte. Gleichwohl hätten Portugal und Irland 2010 immer noch die höchsten privaten Schuldenquoten, Italien und Slowenien aber die niedrigsten.
Der private Sektor ist mit Blick auf das Wirtschaftswachstum aber nur eine Seite der Medaille. Die andere, der öffentliche Sektor, hat seine Verschuldung noch bis vor kurzem hochgefahren. Und trotz teilweise großer Anstrengungen einiger Regierungen bleibt die Verschuldung vorerst hoch.
S&P-Ökonom Krämer erwartet vor diesem Hintergrund, dass die Konjunkturerholung insgesamt schwach bleiben wird, was die Stimmung zusätzlich belasten könnte. "Sollten die Wachstumserwartungen enttäuscht werden, könnte das die politische Polarisation verschärfen, was die notwendigen, aber oft unpopulären wachstumsfördernden Reformen bedrohen könnte", argumentierte er.
Positiv findet S&P daher das Bestreben der EZB, die Kreditvergabe in den Peripherieländern stärker in Gang zu bringen. "Besonders die Bestätigung, dass sie ein beispielloses Programm für den Ankauf von Kreditverbriefungen vorbereitet, dürfte die noch schwache Erholung der Euroraum-Wirtschaft stützen", kommentierte S&P-Ökonomin Sophie Tahiri die jüngsten Beschlüsse des EZB-Rats. Es sei zu hoffen, dass dieses Programm Hindernisse bei der Kreditvergabe beseitigen helfe, die in den Bankbilanzen zu suchen seien.
Kontakt: hans.bentzien@wsj.com
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June 10, 2014 08:18 ET (12:18 GMT)
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