Ukraine vor Staatspleite |
24.02.2014 09:45:32
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Russland zieht Botschafter aus Kiew ab
Das russische Außenministerium begründete die Entscheidung am späten Sonntagabend mit "der Eskalation der Situation in der Ukraine und der Notwendigkeit, die aktuelle Lage von allen Seiten zu analysieren".
Für Russland, bis zuletzt ein treuer Unterstützer des gestürzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, sind die Ereignisse der vergangenen Tage ein Schlag. "Das ist eine riesige Niederlage", gestand ein hochrangiger Berater des Kreml. Die Situation sei eine bittere Erinnerung an die Orangene Revolution des Jahres 2004, als Janukowitsch in einer manipulierten Wahl den Sieg holte, aber diesen nach massiven Straßenprotesten aufgeben musste. Stattdessen gelangte damals eine pro-westliche Regierung an die Macht.
"Wir haben dieselben Fehler noch einmal gemacht", sagte der Kreml-Berater, der nicht namentlich genannt werden wollte. "Für uns lautet die Schlussfolgerung, dass der Westen erfolgreich einen Staatsstreich angezettelt hat."
USA warnen Moskau vor einem "schweren Fehler"
Im Westen selbst haben die Entscheider jedoch bisher jegliche Siegeserklärungen vermieden. Sie wissen, dass sie damit den russischen Präsidenten Wladimir Putin anstacheln könnten, die Lage erneut zum Kippen bringen zu wollen.
"Es entspricht nicht den Interessen der Ukraine oder Russlands oder Europas oder der Vereinigten Staaten zuzusehen, wie sich das Land spaltet", sagte Susan Rice, die Nationale Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, am Sonntag im US-Fernsehsender NBC. Weiter sagte sie, dass Moskau einen "schweren Fehler" begehen würde, wenn es bewaffnete Truppen in die Ukraine senden würde, um eine gefügigere Regierung zu installieren. "Es ist in niemandes Interesse, dass die Gewalt zurückkehrt und die Lage eskaliert", sagte Rice.
Russlands Obere haben zwar noch nicht einmal angedeutet, dass sie möglicherweise militärisch eingreifen würden. Doch einige Vertreter des Westens fürchten einen Fall wie im Jahr 2008, als Russland militärisch in der ehemaligen Sowetrepublik Georgien eingriff.
Das ganze Wochenende über haben Obama und andere US-Vertreter ausführliche Gespräche mit dem russischen Präsidenten Putin und seinen wichtigsten Mitarbeitern geführt, um einen friedlichen politischen Wandel der Ukraine zu befördern, sagen ranghohe US-Regierungsbeamte.
Die USA versuchen insbesondere, mit Moskau zusammenzuarbeiten und Rettungskredite des Internationalen Währungsfonds über mehrere Milliarden US-Dollar aufzusetzen. Der russische Finanzminister Anton Siluanow wollte am Sonntag nicht ausschließen, dass sein Land den IWF unterstützen werde. Allerdings betonte er, dass Russland bereits eigene Hilfskredite für Kiew über 15 Milliarden Dollar auf Eis gelegt habe.
Auch die europäischen Regierungen arbeiteten am Wochenende an einem neuen finanziellen Angebot für die Ukraine. Sie bekräftigten jedoch, dass sie dem Land nur Geld geben wollten, wenn es sich zu groß angelegten Wirtschaftsreformen verpflichtet.
Die Macht in der Ukraine hat sich verschoben
Am Wochenende hatte für die Ukraine nach wochenlangen, blutigen Protesten eine neue politische Ära begonnen: In einer dramatischen Wende übernahmen die Regierungsgegner die Macht im Parlament, setzten Präsident Viktor Janukowitsch ab und ließen die inhaftierte Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko frei. Deren Vertrauter Alexander Turtschinow wurde Übergangspräsident des Landes. Janukowitsch selbst tauchte unter und versuchte laut Turtschinow, sich nach Russland abzusetzen, wurde aber vom Grenzschutz daran gehindert.
Auslöser der Proteste in der Ukraine war im November Janukowitschs Entscheidung gewesen, die Unterzeichnung eines Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der EU kurzfristig abzusagen und sich stärker Russland zuzuwenden. Neben der politischen Lage belastet auch die wirtschaftliche Situation den ukrainischen Staat: Die frühere Sowjetrepublik befinde sich "am Rande einer Zahlungsunfähigkeit", sagte Turtschinow am Sonntagabend. Janukowitsch habe "das Land ruiniert".
Analysten rätseln nun über die Folgen der politischen Machtverschiebung für das Land. Eine proeuropäische Regierung in Kiew könnte unter heftigen wirtschaftlichen Druck von Russland geraten, das ein wichtiger Handelspartner und Energielieferant ist. "Die [Russen] können eine Menge wirtschaftlicher Hebel bedienen", sagt Steven Pifer, ein ehemaliger US-Botschafter in Kiew.
Analysten warnen auch davor, dass eine deutliche Kehrtwende in der Ukraine den Kreml dazu bewegen könnte, noch stärker gegen Oppositionelle im eigenen Land vorzugehen. Nach der Orangenen Revolution, welche die russische Führung ebenfalls als vom Westen orchestrierte Machtübernahme ansah, war das genauso.
Osteuropa-Beauftragter warnt vor Timoschenko
Viele innerhalb der russischen Regierung glaubten weiterhin, dass der Westen auch in Russland noch eine ähnliche Revolution plant, sagen Berater. "Das ist erst der Anfang einer großen Schlacht im postsowjetischen Raum", sagt einer mit Bezug auf die jüngsten Ereignisse in Kiew.
Der Osteuropa-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, warnte in der Zeitung die Welt vor falschen Hoffnungen. Er sieht die freigelassene ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko nicht unbedingt als Heilsbringerin für ihr Land: "Sie ist eine charismatische Figur, aber auch eine Scharfmacherin", sagte Erler der Zeitung. Es sei damit zu rechnen, "dass Timoschenko sofort die Oppositionsführung übernehmen will". Für das heterogene Lager der Oppositionskräfte sei dies "eine Herausforderung" auf dem Weg, "gemeinsame Ziele zu definieren".
Laut einer Sprecherin ist Timoschenko hinsichtlich ihrer eigenen politischen Zukunft noch unentschlossen. Eine erneute Kandidatur für das Amt der Regierungschefin schließt die Politikerin selbst aus.
Mit Material von AFP; Mitarbeit: Stephen Fidler
DJG/DJN/smh
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