12.08.2014 15:11:31

Russischer Hilfkonvoi in die Ukraine lässt viele Fragen offen

   Von Gregory L. White

   MOSKAU--Angesichts der wachsenden Besorgnis über das Leiden der Zivilbevölkerung in der Ostukraine hat Russland einen Konvoi von 280 Lastwagen mit humanitären Gütern in die vom Krieg erschütterten Städte geschickt. Kaum haben sich die Lastwagen allerdings in Bewegung gesetzt, gab es schon Verwirrung und Streit darüber. Die Regierung der Ukraine in Kiew besteht darauf, dass Russland die Hilfsleistungen mit ihr abstimmt. Ins Land lassen will sie die Hilfsgüter nur, wenn sie vom Internationalen Roten Kreuz geliefert werden.

   Der Streit über den Konvoi schürte sogleich Ängste vor neuen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine. Moskau unterstützt die pro-russischen Separatisten in dem seit vier Monaten tobenden Krieg gegen die ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes und beschuldigt Kiew, nicht genug gegen das Leid der Zivilbevölkerung zu tun, insbesondere in den von Rebellen kontrollierten Städten Donezk und Lugansk.

   Kiew warf Russland dagegen zynisches Handeln vor, indem das Land die Versendung von Hilfsgütern zur Schau stelle und gleichzeitig Waffen und Munition an die Separatisten über die Grenze schaffe. Moskau bestreitet die Vorwürfe. Angesichts der Stationierung zehntausender russischer Soldaten an der Grenze befürchten Kiew und der Westen, dass der Konvoi als Deckmantel für eine Militärintervention Russlands genutzt werden könnte.

   Unterdessen drückte der französischen Präsident Francois Hollande in einem Telefonat mit seinem russischen Gegenpart Wladimir Putin am Dienstag seine "tiefe Besorgnis" über die Möglichkeit einer einseitigen russischen Mission auf dem ukrainischen Territorium aus. Hollande betonte dabei, dass eine Hilfslieferung auf dem Staatsgebiet der Ukraine nur mit Einverständnis der örtlichen Behörden und unter Einschaltung des Roten Kreuzes erfolgen dürfe.

   Vertreter Russlands bestritten, andere Ziele als humanitäre Hilfe mit dem Konvoi zu verfolgen. Dieser sei zudem mit Kiew abgesprochen. Laut dem russischen Katastrophenschutzministerium transportieren die Lkw etwa 2.000 Tonnen Lebensmittel und Güter zur medizinischen Versorgung. Das russische Staatsfernsehen zeigte einen Konvoi mit weißen Lastern, die von einem Ort losfuhren, der eine Militärbasis zu sein schien. Ein Sprecher des russischen Katastrophenschutzes sagte, die Fahrer stammten aus seiner Behörde, der Konvoi werde in einigen Tagen an einem ukrainischen Grenzübergang ankommen, der mit Kiew abzustimmen sei.

   Vertreter der Ukraine sagten, ihnen sei der Konvoi von Moskau angekündigt worden. Sie würden die Laster am Grenzübergang nahe Charkiw erwarten, der von den ukrainischen Behörden kontrolliert wird. Die Fracht werde dann auf Lkw des Roten Kreuzes umgeladen und von diesem zur Verteilung in Lugansk weitertransportiert.

   "Dies ist eine internationale Mission", sagte Valeriy Chaliy, stellvertretender Stabschef des Präsidenten Petro Poroschenko. Er ergänzte, dass die EU, die USA und Deutschland ebenfalls Interesse an der Finanzierung oder an Lieferungen gezeigt hätten. "Alles wird sehr schnell durchgeführt werden." Sollten die russischen Laster allerdings in das von den Separatisten kontrollierte Gebiet fahren, werde Kiew dies als einen "Akt der Aggression" betrachten und militärisch darauf antworten.

   Chaliy bemerke zudem, dass die Details der Verteilung der Hilfsgüter in Lugansk noch nicht feststünden. Der Grund dafür sei, dass die Separatistenführer nicht an einer Videokonferenz am Montag teilgenommen hätten. Auf eine Anfrage zu diesem Vorwurf reagierten die Separatisten nicht.

   US-Außenminister John Kerry sagte auf seiner Reise in Australien, er sei optimistisch, dass die noch offenen Fragen schnell geklärt werden könnten. "Unsere Hoffnung ist, dass wir in den nächsten Tagen und Wochen einen Weg für Präsident Poroschenko und die Ukraine finden, um mit den Russen zusammen arbeiten zu können, die nötige humanitäre Hilfe im Osten zu leisten", sagte Kerry. Die Ukrainer unter den Separatisten müssten Teil des politischen Prozesses werden, während die Nicht-Ukrainer das Land verlassen müssten.

   Kerry drückte seine Hoffnung darüber aus, diese Ziele auf dem diplomatischen Weg zu erreichen. "Wir haben aber alle gelernt, dass wir vorsichtig und stark sein müssen und klar in der Antwort darauf, was akzeptabel und was nicht akzeptabel ist."

   Die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Kristalina Georgieva, sagte in Brüssel, es müsse noch eine Einigung zwischen Russland, der Ukraine und den Hilfsorganisationen hergestellt werden, wie der Konvoi in die Ostukraine gelangen könne. Das Material werde benötigt, Russland müsse aber sicherstellen, dass die Verteilung auf neutralem, unabhängigem Weg erfolgen und die Behörden der Ukraine die Lieferungen überprüfen könnten. Bis der Konvoi die Grenze erreiche, werde es noch einige Tage dauern. Wie dann die Verteilung erfolgen soll, müsse in dieser Zeit geklärt werden. Die Beteuerungen Russlands, dass nur Hilfsgüter im Konvoi transportiert werden, könne ohne Überprüfung nicht für bare Münze genommen werden.

   Georgieva kündigte an, die EU werde neue Beihilfen über 2,5 Millionen Euro teilweise dafür verwenden, Kiew beim Aufbau von humanitären Einrichtungen zu helfen.

   Die EU-Botschafter in Brüssel treffen sich Dienstag, um die neuesten Entwicklungen in der Ukraine zu diskutieren. Zudem wird noch in dieser Woche in Kiew eine Konferenz über Hilfen stattfinden.

   Das Militär meldete am Dienstag Fortschritte dabei, die Separatisten in der Großstadt vom Nachschub abzuschneiden. In Lugansk beschrieben Offizielle die Lage unterdessen als kritisch. Etwa 250.000 Bewohner hätten seit mehr als einer Woche keinen Strom, kein Wasser und kein Telefon. Täglich seien sie von Artilleriefeuer bedroht. Kiew forderte die Bewohner erneut auf, diese beiden Städte zu verlassen.

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

   DJG/DJN/jhe/bam -0-

(MORE TO FOLLOW) Dow Jones Newswires

   August 12, 2014 08:59 ET (12:59 GMT)

   Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.- - 08 59 AM EDT 08-12-14

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!