13.11.2014 07:00:00

Russischer Experte: Sanktionen der EU treffen BIP des Landes kaum

Die Russlandsanktionen der EU wirken sich kaum auf das russische BIP aus, glaubt der russische Wirtschaftsprofessor Sergey Afontsev. 2015 werde das BIP-Wachstum aufgrund der Sanktionen um nur 0,1 Prozentpunkte geringer ausfallen. Deutlicher wirke sich die Maßnahme bei den Importen Russlands aus: Im dritten Quartal 2014 fielen sie im Vergleich zum ersten Quartal um 6,3 Prozent.

Grundsätzlich sei es aber schwer zu sagen, welche Effekte genau die Sanktionen auf die russische Wirtschaft haben, so Afontsev, Direktor und Professor am Moskau State Institute for International Relations. Das BIP sei aber kaum betroffen. 2016 könnte dann dadurch das Wachstum um etwa 0,4 Prozentpunkte geringer ausfallen. Wesentlich wirkungsvoller schätzt der frühere österreichische EU-Abgeordnete Hannes Swoboda die Sanktionen ein. Er geht davon aus, dass diese Maßnahme Russland ein Prozent seiner Wirtschaftsleistung gekostet hat.

Afontsev erinnert daran, dass auch andere Faktoren zur Verschlechterung der Indikatoren beitragen. Etwa die grundsätzlich schlechte Wirtschaftslage Russlands. Mehr als die Sanktionen schadeten der russischen Wirtschaft der niedrige Ölpreis, der schwache Rubel und die Kapitalflucht. 100 bis 120 Mrd. Dollar seien bis zum dritten Quartal 2014 aus Russland abgeflossen. Viele Firmen hätten Schulden in Dollar oder Euro. Der niedrige Rubel lasse diese in die Höhe schnellen. Russische Unternehmen haben oft auch ohne Sanktionen Probleme mit westlichen Partnern, erinnerte Afontsev diese Woche bei einer Veranstaltung in Wien.

Für die Lösung der Ukraine-Krise seien die Sanktionen kontraproduktiv, glaubt der russische Wissenschafter. Denn die russische Öffentlichkeit gebe dem Westen die Schuld für die schlechte wirtschaftliche Lage und solidarisiere sich mit Putin. Zusätzliche Unsicherheit schaffe der Zeitpunkt der jüngsten Sanktionsverschärfung: Die EU hat einen Tag nach der Unterzeichnung des Minsker Abkommens zwischen der ukrainischen Regierung und den prorussischen Separatisten die Sanktionen erweitert, erinnerte Afontsev. Auch könne sich Russland nicht sicher sein, dass ein völliger Rückzug aus der Ukraine das Zurücknehmen der Sanktionen zur Folge hätte.

Putin selbst hätte überhaupt kein Interesse an der Ostukraine, so die These Afontsevs. Er wolle nur unter keinen Umständen, dass die Ukraine NATO-Mitglied wird. Das Abkommen der Ukraine mit der EU sah Putin als ersten Schritt zur NATO-Mitgliedschaft. Da die Lösung aller ethnischen oder territorialen Streitigkeiten Voraussetzung für die NATO-Mitgliedschaft eines Staates sei, habe Putin großes Interesse, in der Ukraine, Georgien und in der Republik Moldau Konflikte zu schüren. Eine Lösung könne ein internationales Abkommen sein, das garantiert, dass die genannten Länder nie in die NATO aufgenommen werden.

Afontsev war am Dienstag Gast eines Workshops in Wien vom The International Center for Advanced and Comparative EU-Russia (NIS) Research (ICEUR), der unter anderem die Sanktionen gegen Russland als Thema hatte.

(Schluss) fpr/tsk

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