Neue Geschäftsfelder 19.10.2015 20:11:40

Rückversicherer wollen Preiskampf umfahren

Versicherungen gegen Hackerattacken und die Haftungsfragen rund um selbstfahrende Autos treiben die Unternehmen um. Beim Branchentreffen in Baden-Baden geht es aber vor allem um Preisverhandlungen: Der Gebäudeversicherung machen in Deutschland Hagel- und Sturmschäden zu schaffen, und Autofahrer müssen sich Aussagen aus der Branche zufolge erneut auf höhere Prämien einstellen.

Im kommenden Jahr dürften Kfz-Haftpflicht und Teilkasko im Schnitt um ein Prozent, die Vollkasko-Versicherung sogar um zwei Prozent teurer werden, sagte der zuständige Manager Andreas Kelb vom weltweit drittgrößten Rückversicherer am Montag in Baden-Baden. Die Hannover Rück hat als größter Kfz-Rückversicherer in Deutschland einen guten Überblick über die Preispolitik von Kfz-Versicherern wie Allianz oder Huk Coburg. Branchenzweiter Swiss Re ist sich bei den steigenden Prämien nicht so sicher. Er erwarte, dass die Prämien etwa auf dem Vorjahresniveau verharren, sagte Frank Reichelt, bei den Schweizern zuständig für Deutschland und Nordeuropa.

Das Vergleichsportal Verivox sagt sogar voraus, dass die Kfz-Tarife für Neukunden und Wechsler 2016 sinken werden. In der Kfz-Haftpflicht könnten Kunden mit einem Abschlag von vier Prozent rechnen, bei Verträgen von Haftpflicht inklusive Vollkasko von einem Prozent. Der Hannover Rück zufolge haben die durchschnittlichen Kfz-Prämien in den vergangenen Jahren bereits merklich zugelegt.

Während die Nachfrage nach Rückversicherungsschutz weltweit schwächelt, sieht Hannover-Rück-Deutschlandchef Michael Pickel wachsende Geschäftschancen in der Heimat. Stürme wie "Niklas" und "Mike" in diesem Jahr trieben Erstversicherer dazu, wieder mehr Risiken auf Rückversicherer zu verlagern. Daher wachse die Nachfrage nach Rückversicherungsschutz in Deutschland. "Mir ist um die Vertragserneuerung in Deutschland nicht bange", sagte auch Swiss-Re-Manager Reichelt. Im Gegensatz zum weltweiten Preisdruck sei der Markt hier sehr stabil.

Derweil hoffen Rückversicherer mit Versicherungen gegen Cyber-Attacken künftig mehr Geld zu verdienen. "Die Nachfrage nach Versicherungslösungen gegen Cyber-Risiken wird rapide zunehmen", sagte Ludger Arnoldussen, Vorstand beim Weltmarktführer Munich Re. Die jährlichen Schäden durch Computerkriminalität und Wirtschaftsspionage summierten sich laut einer Studie des Washingtoner Center for Strategic and International Studies auf rund 445 Milliarden US-Dollar. "Neue Technologien bringen neue Risiken und damit Geschäftschancen", sagte Reichelt.

Offen bleibt, wann und inwieweit selbstfahrende Autos den Straßenverkehr und damit auch die Kfz-Versicherung auf den Kopf stellen. Arnoldussen forderte, dass Unfallopfer auch auf Schadenersatz vertrauen können müssen, wenn ein Computer das Auto gesteuert habe. Versicherer müssten dann Regress von den Herstellern einfordern können. Hannover-Rück-Manager Kelb erwartet jedoch nicht, dass selbstfahrende Autos das Kfz-Versicherungsgeschäft in den nächsten fünf Jahren nennenswert beeinflussen werden.

Bei der Vertragserneuerung im Schaden- und Unfallgeschäft Anfang 2016 steuern die Rückversicherer weltweit gesehen auf einen weiteren Preisverfall zu. Der Rückversicherungsmakler Guy Carpenter schätzt, dass die Preise um zehn Prozent oder mehr einbrechen, wie er der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte. Arnoldussen will die Preise im traditionellen Geschäft mit Erstversicherern in etwa stabil halten. Dazu werde die Munich Re erneut auf unrentables Geschäft verzichten. Im traditionellen Rückversicherungsgeschäft dürfte das Prämienvolumen der Münchner schrumpfen.

Welchen Schaden der Volkswagen-Skandal um manipulierte Abgaswerte den Versicherern verursacht, ist laut Arnoldussen noch nicht einzuschätzen. Volkswagen hat bereits 6,5 Milliarden Euro vor allem für die Behebung der Manipulationen zurückgestellt. Insgesamt dürfte die Affäre Experten zufolge ein Vielfaches davon kosten.

dpa-AFX

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