04.05.2015 14:04:00

Rekordarbeitslosigkeit - 419.875 ohne Job, Arbeitssuche dauert länger

Die Arbeitslosigkeit verharrt in Österreich auf Rekordniveau. Ende April waren 419.875 Personen ohne Job, um 7,6 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg im Jahresabstand um 1,0 Prozentpunkte auf 9,1 Prozent. Im Vergleich zu Ende März sank hingegen die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer, damals waren rund 429.000 ohne Job.

Ende April gab es 351.985 vorgemerkte Arbeitslose, das waren um 14,5 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Die Zahl der Schulungsteilnehmer verringerte sich aufgrund der laufenden AMS-Kursreform um 18 Prozent auf 67.890 Personen. Die vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) berechnete saisonbereinigte Arbeitslosenquote (inkl. Schulungen) lag im April bei 10,7 Prozent und damit um 0,2 Prozentpunkte höher als im März.

Die Arbeitssuche bei vorgemerkten Arbeitslosen lag per Ende April im Schnitt bei 116 Tagen und dauerte damit um acht Tage länger als im Vorjahresmonat. Zum Vergleich: Im Jahr 2009 lag die durchschnittliche Verweildauer bei 97 Tagen. Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen schnellte im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 40,2 Prozent auf 107.660, darin enthalten sind Personen in Kurzzeit-Beschäftigung und -Schulungen sowie Langzeitarbeitslose (26.587 Personen, +165 Prozent). Der deutliche Anstieg sei einerseits konjunkturbedingt, liege aber auch an den geringeren Schulungsmaßnahmen und Änderungen im Pensionsrecht, hieß es vom AMS auf APA-Anfrage

EU-weit weist Österreich weiterhin die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der EU auf. Mit 5,6 Prozent lag die Alpenrepublik bei den März-Daten dieses Jahres hinter Deutschland (4,7 Prozent). Allerdings droht ein Rückfall, nachdem andere Länder wie Großbritannien oder Luxemburg den Abstand zu Österreich in den vergangenen Monaten reduzieren konnten. Großbritannien wurde laut Eurostat-Zahlen mit 5,5 Prozent und damit etwas niedriger als Österreich ausgewiesen, doch stammen die Londoner Daten vom Jänner, weil bis dato keine aktuelleren Zahlen vorliegen.

Trotz schwächelnder Konjunktur ist die Beschäftigung in Österreich im April weiter gestiegen. Die Zahl der aktiv unselbstständig Beschäftigten erhöhte sich per Ende April laut einer vorläufigen Prognose um 21.000 Personen (+0,6 Prozent) auf 3,41 Millionen. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen ist leicht um 52 (+0,2 Prozent) auf 27.707 gestiegen.

"Die Zahl der offenen Stellen geht erstmals seit längerer Zeit nicht mehr zurück", kommentierte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). "Sollte der Konjunkturaufschwung bei unserem Haupthandelspartner Deutschland anhalten, so werden das auch die österreichische Betriebe über kurz oder lang spüren", hofft der Minister. Die geplante steuerliche Entlastung der Einkommen, die Wohnbauinitiative und der Ausbau der Beschäftigungsinitiative für Personen ab 50 würden allerdings erst nächstes Jahr stärker auf die Gesamtbeschäftigung wirken. Hundstorfer betonte erneut, dass die Sozialpartner beim Bonus-Malus für Ältere "möglichst rasch" zu Verhandlungsergebnissen kommen müssten.

"Mit rund 352.000 arbeitslos gemeldeten und rund 68.000 Personen in Schulung verschlechtert sich die Arbeitsmarktsituation leider wie erwartet deutlich", so AMS-Vorstand Johannes Kopf. Gegenüber dem Vorjahr bedeute dies ein Plus von fast 30.000 Personen, mehr als Bregenz Einwohner habe. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit betreffe alle wichtigen Branchen und Bundesländer, einzig positiv sei der Anstieg an offenen Stellen.

Überdurchschnittlich stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen waren per Ende April im Vergleich zum Vorjahresmonat erneut Ausländer (+24,9 Prozent), behinderte Personen (+17,4 Prozent) und Ältere ab 50 Jahren (+17,2 Prozent). Im Vergleich etwas weniger dramatisch entwickelte sich die Lage bei Jugendlichen (15 bis 24 Jahre), hier gab es einen Zuwachs um 8,3 Prozent. Die Arbeitslosenzahlen stiegen bei Männern (+16,3 Prozent) stärker als bei Frauen (+12,2 Prozent).

Den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit nach Branchen gab es Ende April im Bereich der Leiharbeit (+16 Prozent), im Gesundheits-und Sozialwesen (+13,6 Prozent) und am Bau (+12,4 Prozent).

Die größte Zunahme von Arbeitslosen nach Bundesländern wurde per Ende April in Wien mit plus 24,2 Prozent auf 122.347 Personen verzeichnet, gleichzeitig sank aufgrund der AMS-Kursreform die Anzahl der Schulungsteilnehmer um 28,3 Prozent auf 24.924. In Niederösterreich stieg die Zahl der Arbeitslosen um 13,4 Prozent und reduzierte sich die Anzahl der Schulungsteilnehmer um 16 Prozent auf 9.614. Den geringsten Arbeitslosenzuwachs gab es in Salzburg (+5,6 Prozent). Salzburg war aber das einzige Bundesland mit einem Anstieg der Schulungsteilnehmer (+4,3 Prozent).

Scharfe Kritik an Hundstorfer übte FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. "Unqualifizierte Menschen in das österreichische Sozialsystem einwandern zu lassen, ist absolut der falsche Weg". Nur eine konsequente Umsetzung von "sektoralen Zugangsbeschränkungen" am Arbeitsmarkt könne einen Stopp der ansteigenden Arbeitslosigkeit in Österreich bewirken, forderte Kickl. "Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Schaffung neuer Jobs müssen endlich auf die Agenda der Wiener Stadtregierung", betonte der Wiener ÖVP-Landesobmann Manfred Juraczka.

Als "nicht ausreichend" bezeichnete die Grüne Arbeitsmarktsprecherin Birgit Schatz die Maßnahmen der Regierungen gegen die Rekordarbeitslosigkeit. "Jeden Monatsersten gibt es neue Horrormeldungen vom Arbeitsmarkt, die Zahl der Arbeitslosen steigt ständig. Und die Regierung sieht dem tatenlos zu, sie ist hilflos im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit", kritisiert Team Stronach Klubobfrau Waltraud Dietrich. "Der Sozialminister versucht die Zahlen schönzureden und sich aus der Verantwortung zu nehmen", warf NEOS-Arbeitsmarktsprecher Gerald Loacker dem Minister vor. Er nehme sich aus "der Verantwortung, indem er die statistischen Zahlen zu Halbwahrheiten verarbeiten lässt."

AK-Präsident Rudolf Kaske wünscht sich von der Politik einen stärkeren Fokus auf den Arbeitsmarkt. "Wir brauchen mehr Initiativen für mehr Arbeit. Denn nichts kommt einem Sozialsystem teurer als unerträglich hohe Arbeitslosigkeit." Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl fordert eine Lohnnebenkostensenkung, ähnlich wie in Deutschland vor zehn Jahren. "Dieser Schritt ist auch in Österreich dringend notwendig, denn für eine Kehrtwende am Arbeitsmarkt braucht es Maßnahmen, die es der Wirtschaft ermöglichen, Arbeitsplätze zu schaffen." Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, drängt erneut darauf, Rahmenbedingungen zu ändern, "die den Standort attraktiv machen, Investitionen fördern und zu Wachstum und Arbeitsplätzen führen".

(Grafik 0537-15 Format 88 x 72 mm, Grafik 0534-15 Format 88 x 124 mm) (Schluss) cri/gru

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