07.04.2016 06:49:46
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Regierungskoalition in Island will vorerst weitermachen - Johannsson wird Regierungschef
REYKJAVIK (AFP)--Das von dem Briefkastenfirmen-Skandal erschütterte rechte Regierungsbündnis in Island will vorerst weitermachen. Die Unabhängigkeitspartei und die Fortschrittspartei hätten entschieden, dass der bisherige Landwirtschaftsminister Sigurdur Ingi Johannsson wie geplant Sigmundur David Gunnlaugsson an der Regierungsspitze ablöse, teilten die Parteien am Mittwochabend in Reykjavik mit. Dem künftigen Regierungschef zufolge sind für den Herbst vorgezogene Neuwahlen geplant.
Johansson sagte nach einer Sitzung am Abend, die seit 2013 regierende Koalition werde ihre gemeinsame Arbeit zunächst fortsetzen. "Wir hoffen natürlich, dass dies dabei hilft, Stabilität ins politische System zu bringen", sagte der 53-Jährige. Im Herbst sollten dann sechs Monate früher als geplant Parlamentswahlen stattfinden.
Es wird erwartet, dass Präsident Olafur Ragnar Grimsson der Ernennung von Johansson zum Ministerpräsidenten zustimmt. Dessen Vorgänger Gunnlaugsson war unter Druck geraten, nachdem sein Name am Wochenende im Zusammenhang mit einer Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln in den sogenannten Panama Papers aufgetaucht war.
Mehr als 20.000 Menschen hatten am Montagabend nach Angaben der Organisatoren in der isländischen Hauptstadt Reykjavik gegen Gunnlaugsson protestiert. Daraufhin hatte der 41-Jährige seinen Rücktritt erklärt, kurze Zeit später aber mitteilen lassen, dies sei noch nicht endgültig. Gunnlaugsson habe lediglich "vorgeschlagen", dass der stellvertretende Vorsitzende seiner regierenden Fortschrittspartei die Regierungsführung für eine "noch nicht festgelegte Zeitdauer" übernehme, erklärte sein Büro am späten Dienstag in Reykjavik.
Vor dieser Erklärung hatte Johannsson mitgeteilt, der Ministerpräsident habe in einer Fraktionssitzung seinen Amtsverzicht erklärt. Er selbst übernehme deshalb die Regierungsgeschäfte. Gunnlaugsson soll bis auf weiteres Vorsitzender der Fortschrittspartei bleiben.
Laut den vom internationalen Recherchenetzwerk ICIJ veröffentlichten "Panama Papers" der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca hat Gunnlaugsson vor neun Jahren mit seiner künftigen Ehefrau auf den britischen Jungfraueninseln eine Briefkastenfirma gegründet und dort Millionen Euro geparkt. Ende 2009 überschrieb er seiner Partnerin für einen symbolischen Dollar seinen ganzen Anteil. Er war aber schon Mitte des Jahres ins Parlament eingezogen und hatte dabei sein Vermögen unterschlagen.
Der Ministerpräsident der rechtsliberalen Fortschrittspartei lehnte einen Rücktritt zunächst ab und bestritt die Absicht, Steuern zu hinterziehen. Er habe das Vermögen damals verheimlicht, damit der Reichtum seiner Frau im Wahlkampf nicht zum Thema werde, beteuerte er im Parlament.
Die Massenproteste in Reykjavik vom Montag richteten sich nicht nur gegen Gunnlaugsson, sondern gegen die gesamte Regierung. Neben dem Namen des Regierungschefs tauchen die Namen dreier weiterer Minister in den Panama Papers auf.
Laut Beobachtern fürchten die Regierungsparteien, bei sofortigen Neuwahlen abgestraft zu werden. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup käme die Fortschrittspartei dann nur noch auf 7,9 Prozent, ihr Koalitionspartner, die Unabhängigkeitspartei, auf 21,6 Prozent. Großer Gewinner wäre die Piratenpartei mit 43 Prozent.
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April 07, 2016 00:19 ET (04:19 GMT)- - 12 19 AM EDT 04-07-16
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