08.11.2013 21:00:32

RWE streicht jede zweite Stelle bei Erneuerbaren Energien

RWE schrumpft ohne Unterlass: Deutschlands zweitgrößter Energieversorger streicht auch in seiner Sparte für Erneuerbare Energien Hunderte Arbeitsplätze. Die Innogy genannte Ökostrom-Tochter des Konzerns werde ihre Belegschaft von bislang rund 1.500 Mitarbeitern "bis 2016 voraussichtlich nahezu halbieren", sagte eine Sprecherin der Konzernsparte.

   Längst sind darüber hinaus Kürzungspläne in anderen Teilen von RWE weit fortgeschritten. Wie zwei mit den Überlegungen vertraute Personen dem Wall Street Journal Deutschland sagten, plant der Konzern etwa, die eigenen Vertriebsgesellschaften künftig europaweit zentral zu steuern. Zudem nehmen die Pläne zum Abbau von rund 3.400 Stellen im Stromerzeugungsgeschäft den Informationen zufolge immer konkretere Formen an.

   Obgleich die jüngsten Sparmaßnahmen noch nicht offiziell verkündet sind, bringt RWE schon das zentrale Werkzeug für den Konzernumbau in Stellung: Wie die Informanten sagten, will der Konzernvorstand bis zum Jahresende eine unternehmenseigene Job-Vermittlung aufbauen. Über die Details des "konzerninternen Arbeitsmarkts" stritten Chefs und Arbeitnehmervertreter seit Monaten, sagte einer der Informanten. Im Grundsatz aber sind sich der Vorstand und die Belegschaftsvertreter offenbar einig. Vor wenigen Tagen vereinbarten sie den Informationen zufolge einen Sozialplan, der den bevorstehenden Stellenabbau im Kraftwerksgeschäft regelt.

   Beide Seiten spüren offenkundig den Druck, unter dem RWE steht: Der Konzern verdient angesichts der Energiewende immer weniger Geld im Kraftwerksgeschäft. Die einst hoch profitable Sparte hat allein in der ersten Hälfte dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als 60 Prozent ihres operativen Gewinns eingebüßt, wie RWE erst im Sommer mitteilte. Weil Strom aus Solar- und Windkraftanlagen immer häufiger im Überfluss zur Verfügung steht, geht dem Versorger das Geschäftsmodell verloren. Im September kündigte der Konzern vor dem Hintergrund auch an, die Dividende zusammenzustreichen. Vorstandschef Peter Terium deutete zudem weitere Investitionskürzungen an.

   Selbst für das Wachstumsgeschäft mit Erneuerbaren Energien hat RWE kaum noch Geld: Der Versorger habe bei der Konzerntochter Innogy das Programm "Fit for future all" aufgelegt, sagte eine Sprecherin der Sparte. Im Zuge dessen kürze die Erneuerbare-Energien-Tochter die Zahl ihrer Mitarbeiter um fast die Hälfte. Der Großteil der betroffenen Beschäftigten wechsele in andere Konzerngesellschaften. Zwar blieben die Erneuerbaren für RWE ein "strategisches Wachstumsfeld", doch werde ihr Ausbau innerhalb des Konzerns langsamer als ursprünglich geplant vorangehen.

   Konzernchef Terium hatte das schon im März in Aussicht gestellt. RWE werde seine Investitionen in Erneuerbare Energien halbieren, erklärte er damals. In den beiden vergangenen Jahren hatte der Konzern jeweils runde eine Milliarde Euro für Sonnen- und Windstromprojekte ausgegeben. RWE kaufte etwa zwei Schiffe zum Bau von Offshore-Windparks. Nun will der Versorger die Spezialschiffe wieder loswerden. Bei Großinvestitionen sollen künftig Partner helfen: Den Windpark Nordsee One etwa will RWE gemeinsam mit weiteren Geldgebern errichten, wie eine Unternehmenssprecherin sagte.

   In seinen Sparbemühungen aber geht RWE noch viel weiter. Selbst der nicht unmittelbar von der Energiewende betroffene Vertrieb muss mit Einschnitten rechnen, wie die zwei Informanten berichteten. Der Konzernvorstand überlegt demnach, viele Funktionen der europaweit verteilten Verkaufsgesellschaften zu zentralisieren. So könnten etwa Call-Center zusammengezogen werden, sagte eine der informierten Personen. Vorbild für die Zentralisierung sei das Stromgeschäft, in dem RWE die Ländergesellschaften zu Beginn dieses Jahres unter dem Dach einer europaweiten Gesellschaft gebündelt hat.

   Die Kraftwerkssparte geht denn auch in der jüngsten Stellenabbaurunde voran. Schon im September hatten Informanten dem Wall Street Journal Deutschland berichtet, dass die Pläne zur Streichung von 3.400 Arbeitsplätzen in der Sparte weit fortgeschritten seien. Nach Angaben der Informanten hat sich das Vorhaben jüngst immer weiter konkretisiert. Wie eine der informierten Personen sagte, sollen von dem Arbeitsplatzabbau auch Stellen in der Braunkohleförderung betroffen sein. Im September hatten zwei Informanten berichtet, RWE stelle sogar Überlegungen über die Schließung eines Tagebaus an. Das Unternehmen dementierte dies aber. Es sei aber klar, dass im Tagebau weniger Mitarbeiter benötigt würden, wenn der Konzern weniger Strom in Kohlekraftwerken produziere, sagte nun eine der Quellen.

   RWE kommentierte die Informationen nicht im Detail. Der Konzern hatte in den vergangenen Monaten aber mehrfach angekündigt, im Stromerzeugungsgeschäft künftig mit weniger Mitarbeitern auskommen zu wollen. Schon mit früheren Sparmaßnahmen hatte der Versorger die eigenen Kosten bis zum Jahr 2014 um rund eine Milliarde Euro senken wollen. Etwa 10.000 Arbeitsplätze sollten nach den Plänen wegfallen. Details über die neuen Kostensenkungen will der Konzern nach früheren Angaben mit den Quartalszahlen am Donnerstag, 14. November, bekannt geben. Allein im Stromerzeugungsgeschäft sollten die Kosten um weitere 800 Millionen Euro sinken, hatten zwei Informanten dem Wall Street Journal Deutschland im September berichtet.

   Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@wsj.com

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   November 08, 2013 12:31 ET (17:31 GMT)

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Von Hendrik Varnholt und Jan Hromadko

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