03.05.2016 17:26:42
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Neuer EU-Streit um überhöhte Defizite - Wird Portugal bestraft?
BRÜSSEL/LISSABON (dpa-AFX) - Überhöhte Staatsdefizite in Spanien und Portugal sorgen in Europa für neue Spannungen. Da Lissabon seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr mit 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung trotz gegenteiliger Zusicherung nicht in den Griff bekam, drohen nun EU-Sanktionen. Der verantwortliche EU-Kommissar Pierre Moscovici ließ am Dienstag Fragen nach einer möglichen Geldstrafe aber unbeantwortet.
Der Chef der Konservativen und Christdemokraten im EU-Parlament, Manfred Weber, forderte die Behörde zum Handeln auf: "Die Kommission darf im laufenden Defizitverfahren ihre Glaubwürdigkeit nicht riskieren. Deshalb erwarten wir, dass die Kommission die Regeln konsequent anwendet", sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.
Die Wirtschaft der Eurozone wächst laut Moscovici etwas langsamer als zunächst angenommen. 2016 solle das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,6 Prozent steigen und 2017 um 1,8 Prozent, das seien jeweils 0,1 Punkte weniger als noch im Winter erwartet. Deutschland komme jeweils auf ein Plus von 1,6 Prozent. Öffentliche Ausgaben für Asylbewerber wirkten sich dort positiv auf das Wachstum aus.
Die Kommission will sich bis Monatsende äußern, wie sie bei den Defizitsündern vorgehen will. Massiven Druck bekommt auch Spanien, wo es immer noch keine neue Regierung gibt und Neuwahlen im Juni anstehen. Madrid sollte eigentlich dieses Jahr die Maastrichter Defizitgrenze von 3 Prozent einhalten, was aber scheitern wird. Brüssel erwartet 3,9 Prozent Neuverschuldung, mehr als die Regierung. Bei den öffentlichen Finanzen seien "noch einige Anstrengungen nötig", so Moscovici.
Frankreich, das nächstes Jahr kein Defizitsünder mehr sein soll, müsse Kurs bei den öffentlichen Finanzen halten. Auf die Frage, ob Paris nächstes Jahr - wie fest vereinbart - die Drei-Prozent-Grenze wieder einhalten könne, sagte Moscovici: "Das Ziel für 2017 ist machbar." Bisher geht seine Behörde jedoch von 3,2 Prozent aus.
Portugals Wirtschaftsminister Manuel Caldeira Cabral sagte, die Kommission sei nun "näher dran", an Budgetziele der sozialistischen Regierung zu glauben. "Die Defizitvorhersage (für 2016) wurde deutlich von 3,4 auf 2,7 Prozent herabgesetzt", bilanzierte er mit Blick auf die EU-Prognose. Weber (CSU) kritisierte hingegen eine "falsche Ausgabenpolitik" der Regierung. "Es war offensichtlich, dass sie ihre Wahlversprechungen nicht halten kann, weil sie nicht bezahlbar sind."
Zur Konjunktur sagte Moscovici, die Ölpreise würden wieder steigen, so dass positive Auswirkungen auf die Konjunktur nachlassen dürften. Die Kommission warnt ausdrücklich vor Risiken. Dazu gehörten das schwächere Wachstum in China, mögliche Turbulenzen an den Finanzmärkten oder die Unsicherheit vor dem EU-Referendum in Großbritannien am 23. Juni.
Defizitsündern in der Eurozone drohen in letzter Konsequenz hohe Geldstrafen, die aber bisher in der Praxis nie verhängt wurden. Unter dem Strich gehen die Defizite in der Eurozone zurück. Deutschland dürfte im laufenden Jahr laut Kommission einen kleinen Überschuss von 0,2 Prozent erzielen./er/cb/DP/zb
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