28.07.2015 15:46:41

Chef der Deutschen Börse strebt neue Ziele und mehr Gewinn an

ESCHBORN (dpa-AFX) - Knapp zwei Monate nach seinem Amtsantritt steckt der neue Deutsche Börse-Chef Carsten Kengeter dem DAX-Konzern ehrgeizige Wachstumsziele. Insgesamt will der ehemalige Investmentbanker den Frankfurter Marktbetreiber effizienter aufstellen und neue Geschäftsfelder auftun. "Unsere klare Vision ist, die Gruppe Deutsche Börse langfristig zum weltweit präferierten Marktinfrastrukturanbieter mit Spitzenposition in allen Tätigkeitsfeldern auszubauen", hatte Kengeter am Montagabend gesagt. Zuvor hatte die Börse zwei Übernahmen für zusammen mehr als 1,3 Milliarden Euro angekündigt.

Rückenwind kommt vom kräftig anziehenden Handel an den Finanzmärkten. Wegen der neuen Unsicherheiten etwa angesichts des Schuldendramas um Griechenland und der Sorgen um die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft schichten Anleger wieder mehr in ihren Depots um. Das beflügelt die Geschäfte der Deutschen Börse: Im zweiten Quartal 2015 waren die Erlöse auf 583,1 (Vorjahreszeitraum: 491,2) Millionen Euro gestiegen. Der Überschuss hatte auf 175,1 (159,3) Millionen Euro zugelegt.

Analysten hatten allerdings mit noch besseren Ergebnissen gerechnet. die Aktie legte am Dienstag dennoch bis zum Nachmittag um gut 1,5 Prozent zu. Viele Experten äußerten sich positiv überrascht zu den neuen Gewinnzielen.

Unter dem Motto "Accelerate" ("Beschleunigen") will Kengeter den Konzern agiler, effektiver und ambitionierter machen. Pro Jahr sollen die Nettoerlöse nun um 5 bis 10 Prozent steigen, der operative Gewinn (Ebit) und der Überschuss um 10 bis 15 Prozent. Damit ergibt sich für das Jahr 2018 für die Erlöse eine Zielbandbreite von 2,8 Milliarden bis 3,2 Milliarden Euro und für das Ebit (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) von 1,55 bis 1,75 Milliarden Euro. Nach den alten Zielen von Kengeters Vorgänger Reto Francioni sollten die Erlöse bis 2017 auf 2,3 bis 2,7 Milliarden Euro steigen.

Verbunden mit den neuen Wachstumszielen ist ein Sparprogramm, das die Kosten bis 2016 zusätzlich um rund 50 Millionen Euro senken soll. Das Management rechnet im Gegenzug mit einmaligen Belastungen von 60 Millionen Euro im laufenden Geschäftsjahr.

Insgesamt erwartet der Vorstand nun Sonderbelastungen von 110 Millionen Euro, darunter ein Teil für die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten und die Ausgaben für die angekündigten Übernahmen. Die erst vor drei Monaten erhöhten Ziele fürs dieses Jahr blieben deshalb unverändert. Die Börse erwartet Nettoerlöse von 2,2 bis 2,4 Milliarden Euro im Gesamtjahr. Der operative Gewinn soll bei 975 Millionen bis 1,175 Milliarden Euro landen. Schon im vergangenen Jahr hatte die Börse ihren langen Abwärtstrend gestoppt.

Beitragen sollen zum weiter geplanten Aufschwung auch Übernahmen: Zunächst hatte der Konzern am Sonntag die Übernahme der Devisenhandelsplattform 360T für 725 Millionen Euro angekündigt. Die außerbörsliche Plattform bringt im wenig regulierten, aber billionenschweren Devisenhandel Unternehmen und Banken zusammen - ein neues Standbein für die Deutsche Börse.

Am Montag hatte die Börse den Komplettkauf des Index-Anbieters Stoxx sowie der Indexberechnungsfirma Indexium gemeldet. Dafür zahlt die Deutsche Börse dem schweizerischen Börsenbetreiber Six 650 Millionen Schweizer Franken (614 Mio Euro). Das Geschäft will die Deutsche Börse möglichst noch in diesem Monat unter Dach und Fach bringen.

Auch die Trennung von Geschäftsbereichen werde geprüft, sagte Kengeter am Dienstag vor Analysten. Derzeit gebe es aber etwa für die angeschlagene US-Optionsbörse ISE keine konkreten Verkaufspläne. Die Sparte war im Jahr 2007 die letzte große Übernahme des Konzerns. Seitdem musste die Börse bereits einen Teil des einstigen Kaufpreises von 2,8 Milliarden US-Dollar abschreiben.

Kengeter, ehemals oberster Investmentbanker der schweizerischen Großbank UBS, führt die Deutsche Börse offiziell seit dem 1. Juni. Der 48-Jährige ist aber bereits seit April Mitglied im Vorstand des Dax-Konzerns. Vorgänger Francioni hatte den Chefsessel nach fast zehn Jahren Ende Mai früher als geplant geräumt.

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