"Thema beerdigt" 21.02.2014 10:09:33

RAG-Stiftung will nicht bei ThyssenKrupp einsteigen

"Das Thema ist beerdigt", sagte der Vorstandschef der Stiftung, Werner Müller, vor Mitgliedern der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Die RAG-Stiftung war in den vergangenen Monaten mehrfach als möglicher weiterer Großaktionär von ThyssenKrupp gehandelt worden. Müller selbst hatte im vergangenen Jahr nicht ausgeschlossen, dass seine Organisation der Krupp-Stiftung hilft, deren schwindenden Einfluss auf den Ruhrkonzern sichern.

Ein direkter Einstieg der RAG-Stiftung bei ThyssenKrupp allerdings sei ohnehin nicht infrage gekommen, sagte Müller am Donnerstagabend. Eine solche "große Investition auf einen Schlag" sei für die Stiftung, die Klumpenrisiken vermeiden müsse, "problematisch". Müller hatte sich nach eigener Darstellung aber eine finanzielle Unterstützung der Krupp-Stiftung vorstellen können. Die Organisation, die er "sehr schätze", habe aber signalisiert, dies nicht zu wollen. "Das Thema ist insofern gegessen", sagte der Chef der RAG-Stiftung.

Die Krupp-Stiftung hatte im vergangenen Dezember durch eine Kapitalerhöhung ihre Sperrminorität bei ThyssenKrupp verloren. Die Organisation, die nach dem Willen ihres Gründers Alfried Krupp von Bohlen und Halbach die Einheit des Konzerns sichern soll, hält seither rund 23 Prozent der ThyssenKrupp-Aktien. Theoretisch lassen sich bei ThyssenKrupp derzeit also Entscheidungen mit Dreiviertelmehrheit beschließen, ohne dass die Krupp-Stiftung ihnen zustimmt. Die Stiftung gilt zugleich als relativ finanzschwach, so dass sie die Sperrminorität offenkundig nicht aus eigenen Mitteln wieder herstellen kann.

Die RAG-Stiftung verfügt dagegen über ein Milliardenvermögen, das derzeit allerdings vor allem in Aktien des Chemiekonzerns Evonik angelegt ist: Die Stiftung hält rund 68 Prozent an dem Unternehmen. Auch dieses Klumpenrisiko will die Organisation abbauen, wie Müller nun bekräftigte. Als langfristiges Ziel hatte die RAG-Stiftung zuvor schon eine Beteiligung von lediglich mindestens 25,1 Prozent an Evonik ausgegeben. Ende des vergangenen Jahres habe das Kuratorium der Stiftung beschlossen, mit frei werdendem Geld vor allem in mittelständische Unternehmen zu investieren, sagte Müller nun abermals. Im Fokus stünden "am Weltmarkt orientierte Unternehmen", deren Geschäft allerdings möglichst nicht mit der Chemieindustrie in Verbindung stehen solle.

Müller berichtete von Gesprächen mit entsprechenden Mittelständlern. Es gebe in mehreren Unternehmen Interesse an einem Einstieg der RAG-Stiftung, sagte er. Immerhin habe die Organisation ein Alleinstellungsmerkmal: "Wir sind das genaue Gegenteil einer Heuschrecke." Die RAG-Stiftung soll die sogenannten Ewigkeitskosten des vom RAG-Konzern betriebenen Bergbaus tragen. Die Stiftung muss dazu nach Darstellung von Müller jährlich rund 220 Millionen Euro erwirtschaften. Mit dem Geld betreibt sie vor allem Pumpen, um im Ruhrgebiet den Grundwasserspiegel zu senken. Ohne die Stiftung gäbe es nach Darstellung von Müller in Nordrhein-Westfalen eine "immense Seenlandschaft".

Müller, der in den Jahren von 1998 bis 2002 parteiloser Wirtschaftsminister im Kabinett von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder war, übte am Donnerstagabend zudem Kritik an der deutschen Energiepolitik. Die Förderung Erneuerbarer Energien und der Wettbewerb auf dem Strommarkt passten nicht zusammen, sagte er. Das zeige sich etwa dadurch, dass niedrige Großhandelsstrompreise durch die Erneuerbare-Energien-Umlage zu höheren Verbraucherpreisen führten. Durch den Wettbewerb auf dem Strommarkt sei zudem die Verantwortung für die Versorgungssicherheit nicht klar zugewiesen.

Zwar lasse sich "Geschichte nicht zurückdrehen", sagte Müller. Er forderte aber Änderungen an der Förderung Erneuerbarer Energien. Die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dazu vorgelegten Vorschläge beschrieb er als "relativ guten Entwurf". Müller warnte zugleich davor, die Entlastungen für die energieintensive Industrie zu beschneiden. Die deutschen Großstromverbraucher müssten vor zu hohen Kosten geschützt werden, "ob das der EU passt oder nicht". Der frühere Wirtschaftsminister mahnte darüber hinaus, die Energiekonzerne nicht zu sehr zu belasten. Sie dürften "nicht kaputtgehen". Immerhin verfügten die Unternehmen über Rückstellungen in Milliardenhöhe für die Abwicklung der Kernenergie.

DJG/hev/sha

(DÜSSELDORF) Dow Jones Newswires

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