Fußballstadien noch sicher? |
18.11.2015 07:50:00
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Polizei Hannover sucht Terrorverdächtige in Deutschland
Das Spiel sollte vier Tage nach der verheerenden Anschlagserie in Paris ein Zeichen gegen den Terror sein. In der französischen Hauptstadt war am Freitagabend das Länderspiel zwischen Deutschland und Frankreich ein Ziel der Attacken gewesen.
Die Sicherheit bei Großereignissen wie Fußballspielen und Weihnachtsmärkten beschäftigt am Mittwoch auch das Bundeskabinett und die Polizei in den Ländern. Die Regierung will nach dem Terroralarm in Hannover in ihrer Sitzung die allgemeine Sicherheitslage diskutieren. Die Polizeichefs der Länder wollen sich in einer Telefonkonferenz beraten. Die Spielabsage löste auch im deutschen Fußball eine Debatte um die Sicherheit in den Stadien aus.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte in Hannover, die Absage gehe auf Hinweise zu einer Gefährdung zurück, diese hätten sich im Laufe des frühen Dienstagabends verdichtet. Er bitte um Verständnis dafür, dass er zu Fragen nicht mehr sagen könne. Er fügte hinzu: "Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bestätigte, der Hinweis auf ein mögliches Attentat sei von einem ausländischen Geheimdienst gekommen. Er habe am Dienstagmittag die Information erhalten, dass "innerhalb der nächsten 48 Stunden ein Anschlag auf ein Sportereignis in Deutschland stattfinden sollte oder könnte", sagte der CSU-Politiker im Bayerischen Fernsehen. "Aber mich hat die Absage auch überrascht."
Als eine "bittere, aber richtige Entscheidung" bezeichnete Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) die Spielabsage. "Gerade in einem solchen Moment muss unsere Botschaft trotz allem ganz klar sein: Wir werden nicht zurückweichen. Wir werden uns unsere Art zu leben nicht nehmen lassen", sagte Maas der Deutschen Presse-Agentur.
Entschärfer der Polizei hatten am Abend aus einem IC in Hannover ein verdächtiges Paket geborgen. Dabei handelte es sich nach Aussagen von Bundespolizeisprecherin Sandra Perlebach um eine gut gemachte Sprengstoff-Attrappe und nicht um eine scharfe Bombe, wie zunächst befürchtet worden war. Gefahndet wird nun nach dem Mann, der das Paket dort liegen ließ.
In der Bundesliga wird ebenfalls über die Sicherheit debattiert. "Das wird den Fußball verändern und stellt uns vor eine neue Herausforderung", sagte Präsident Martin Kind von Hannover 96 der dpa. Ligapräsident Reinhard Rauball versicherte trotz der kurzfristigen Absetzung der Testpartie, die Bundesliga werde am Wochenende spielen. "Der Spieltag wird stattfinden", sagte Rauball.
Nach den Terroranschlägen von Paris könnte noch ein zweiter Attentäter auf der Flucht sein. Dies sei eine "starke Hypothese", erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstagabend aus Ermittlerkreisen. Demnach hätte die Gruppe, die im Osten der Hauptstadt mehrere Bars und Restaurants ins Visier nahm, aus insgesamt drei Attentätern bestanden.
Nach zahlreichen Zeugenberichten saßen in dem Auto des Kommandos drei Insassen, wie die Zeitung "Le Monde" online berichtete. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um die Brüder Brahim und Salah Abdeslam sowie die mögliche weitere Person handelt. Der 26-jährige Salah wird international gesucht, Brahim hatte sich in die Luft gesprengt.
Im Zuge der Ermittlungen in Alsdorf bei Aachen festgenommene sieben Personen sind wieder auf freiem Fuß. Ein vermuteter Bezug zu den Anschlägen bestätigte sich nach Angaben der Polizei nicht. Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Salah Abdeslam war nicht unter den Festgenommenen.
Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete aus Ermittler- und Polizeikreisen, ein Video bestätige die Existenz eines dritten Attentäters in der Gruppe. Damit wäre ein zweiter Täter der Terroranschläge mit 129 Toten flüchtig, falls es sich nicht um einen der beiden in Belgien inhaftierten Verdächtigen handele.
Bei den Attacken am Freitagabend waren sieben Attentäter gestorben. Falls sich die These eines weiteren Beteiligten bestätigen sollte, stiege die Zahl der Attentäter auf neun.
Bei den Anschlägen in Paris hatten die Terroristen auch im Stade de France ein Blutbad anrichten wollen, wo die deutsche Nationalmannschaft gegen Frankreich spielte. Die Extremisten gelangten aber nicht ins Stadion.
In Hannover waren zum Zeitpunkt der Absage gegen 19.15 Uhr kaum Zuschauer im Stadion. Sie wurden per Lautsprecher aufgefordert, den Stadionbereich zu verlassen. Die Evakuierungszone wurde mit Absperrband mit der Aufschrift "Vorsicht Lebensgefahr" kenntlich gemacht. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Politiker hatten das Spiel besuchen wollen, sie flog zurück nach Berlin.
Frankreich will sich aber trotz der heiklen Sicherheitslage die Fußball-EM im kommenden Jahr keinesfalls nehmen lassen. Sportminister Patrick Kanner schloss eine Absage am Dienstag aus. "In keinem Fall darf der Sport vom Terrorismus gestoppt werden", sagte er.
/hot/jac/bk/sto/DP/zbBERLIN/PARIS/HANNOVER (dpa-AFX)

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