Rekordverluste befürchtet 15.01.2015 16:20:00

Österreichs Banken trennen in Osteuropa Spreu vom Weizen

Statt der erhofften hohen Gewinne bescheren ihnen die Tochterbanken dort schlaflose Nächte: Erste Group und Raiffeisen Bank International (RBI) steuern 2014 auf Rekordverluste zu.

Doch nicht alle Länder der Region geben in den Wiener Bankzentralen Anlass zur Sorge - in Tschechien und der Slowakei etwa verdienen die Institute seit Jahren gutes Geld. Doch wo lohnt es sich zu bleiben und welche Märkte sollten die Banken lieber heute als morgen verlassen? Bei solchen Entscheidungen sei Schnelligkeit das A und O, um noch größeren Schaden zu vermeiden, sagen Risikomanager großer österreichischer Banken.

"Schwierig ist, dass man das, was man weiß, rasch genug umsetzt. Das ist nicht unbedingt die Stärke der Österreicher", sagte ein hochrangiger Risikomanager, der lieber anonym bleiben wollte. Auch wenn es um weitreichende Entscheidungen gehe, sei langes Zaudern nicht angebracht. Erste-Finanzchef Gernot Mittendorfer, der zuvor für das Risikomanagement des Instituts zuständig war, bringt es anders auf den Punkt: "Man muss den Mut haben, Verluste in Kauf zu nehmen."

All das klingt banal - doch die österreichischen Banken waren dabei nicht immer erfolgreich, wie etwa die Ukraine-Krise zeigt: Die Erste Group schaffte es, sich 2012 und damit noch vor dem Ausbruch der Auseinandersetzungen von ihrer defizitären Tochter zu trennen. Auch Raiffeisen will sich zurückziehen - konnte diesen Plan aber nicht rechtzeitig umsetzen: Nun lasten Abschreibungen über eine halbe Milliarde Euro in der Ostukraine auf der Bilanz der Bank. Um einen ähnlichen Fehltritt künftig zu vermeiden, stellt Raiffeisen nun sämtliche Märkte auf den Prüfstand und erwägt, sich aus dem ein oder anderen zurückzuziehen.

Der anonyme Risikomanager sieht hinter diesen zögerlichen Entscheidungen auch ein spezifisch österreichisches Problem: "Das ist vielleicht eine Neigung der Österreicher, Themen unentschieden zu lassen", sagte er. Bei deutschen Banken würden Entscheidungen des Vorstandes rasch umgesetzt. "In Österreich gibt es Mitarbeiter die sagen: Naja, ich weiß nicht, ob die richtig entschieden haben, lassen wir uns Zeit, überlegen wir." Wenn die notwendigen Schritte offensichtlich sind, sei diese österreichische Verzögerungskultur ein Nachteil. Bei Fehlentscheidungen könne sie aber auch Vorteile bringen: "Wenn die Deutschen sich entschieden haben, dass sie rasch fahren und irrtümlich den falschen Weg gewählt haben und auf den Abgrund zusteuern, dann gibt es kaum jemanden, der bremst. In Österreich ist die Gefahr, dass Sie zu rasch auf einen Abgrund zusteuern, nicht sehr groß", sagte der Risikomanager.

Doch auch deutsche Banken waren vor Fehlgriffen in Osteuropa nicht gefeit: Die BayernLB kaufte 2007 die stark am Balkan vertretene Hypo Alpe Adria - in der Hoffnung dort ein Standbein aufzubauen. Die Tochter entpuppte sich in der Finanzkrise aber als hoffnungslos marode und die BayernLB-Manager mussten sich den Vorwurf gefallen lassen, die Risiken der Hypo nicht ausreichend geprüft zu haben.

Einen Teil der Probleme österreichischer Banken führen die Risikomanager auf falsche strategische Entscheidungen zurück, in welchen Märkten und mit welchen Produkten eine Bank vertreten sein will. Gerade in Boomzeiten mit hohen Wachstumsraten sei es wichtig, die Risiken im Blick zu behalten. "In guten Zeiten ist es viel schwieriger, diszipliniert zu sein als in schlechten Zeiten", sagte Erste-Finanzchef Mittendorfer. Das Sparkassenspitzeninstitut kaufte 2006 für knapp den sechsfachen Buchwert die rumänische Bank BCR - und musste dort in den vergangenen Jahren 3 Mrd. Euro abschreiben, weil der erhoffte Wirtschaftsaufschwung in Rumänien auf sich warten ließ. Die UniCredit wagte sich 2007 bis nach Kasachstan vor und verkaufte die defizitäre Tochter Jahre später mit Verlust, weil sich das Institut deutlich schlechter entwickelt hatte als erwartet.

Um solche Fehlgriffe zu vermeiden, können die auch die nationalen Aufsichtsbehörden die Notbremse ziehen. "Wir haben die Möglichkeit den Banken zu untersagen, dass sie expandieren, wenn wir der Meinung sind, dass die entsprechenden Pläne, das Risikomanagement und die Kapitalausstattung nicht vorhanden sind. Und wir tun das auch", sagte Vorstand Klaus Kumpfmüller von der Finanzmarktaufsicht FMA.

snu/cs

Weitere Links:

Analysen zu Raiffeisenmehr Analysen

01.08.24 Raiffeisen neutral Deutsche Bank AG
24.05.24 Raiffeisen accumulate Erste Group Bank
05.02.24 Raiffeisen buy Erste Group Bank
10.11.23 Raiffeisen neutral Deutsche Bank AG
06.11.23 Raiffeisen Sell Baader Bank
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

Erste Group Bank AG 55,58 0,32% Erste Group Bank AG
Raiffeisen 20,06 0,55% Raiffeisen