Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)-- Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte auf eine höhere Marktvolatilität im Gefolge der verschärften Griechenland-Krise nach Meinung von Volkswirten mit verstärkten Staatsanleihekäufen reagieren. Das habe die EZB am Wochenende bereits indirekt zu verstehen gegeben. Die Ökonomen haben vor allem das aktuell laufende Staatsanleihekaufprogramm (QE) im Blick. Außerdem wollen sie nicht ausschließen, dass die EZB insgesamt ihre "Rettungsrhetorik" verschärft, die von der Möglichkeit eines OMT-Programms gedeckt wäre.
Die Analysten beziehen sich auf das am Sonntag veröffentlichte Statement, wonach der EZB-Rat die Lage an den Finanzmärkten und deren Implikationen für die geldpolitische Ausrichtung und die Risiken für die Preisentwicklung genau beobachten werde. "Der EZB-Rat ist entschlossen, alle zur Erfüllung seines Mandats verfügbaren Instrumente einzusetzen", hatte die EZB mitgeteilt.
"Wir glauben, dass damit unter anderem ein weiteres Vorziehen der Staatsanleihekäufe für den Fall gemeint ist, dass die Renditedifferenzen von Peripherieanleihen deutlich anziehen", kalkulieren die Ökonomen von Barclays Capital.
Nach Einschätzung von Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, könnte dieses Vorziehen (Frontloading) bedeuten, dass die EZB das monatlicher Ankaufvolumen von 60 Milliarden Euro überschreitet, und/oder verstärkt Anleihen von Periperhieländern kauft.
Die Zentralbanken des Eurosystems haben ihre Anleihekäufe in den vergangenen Wochen allerdings ohnehin schon etwas hochgefahren. Grund ist, dass sie Ankäufe aus den umsatzschwachen Ferienzeiten in Monate mit normaler Aktivität vorziehen wollen, um die marktverzerrende Wirkung des Programms zu verringern. Über das Ankaufvolumen der Vorwoche wird die EZB am Nachmittag informieren.
Aber die EZB hat laut Schmieding noch mehr in petto: "Möglich sind auch öffentlichen Versicherungen ihrer Bereitschaft, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, die auch in ihrem OMT-Programm zum Ausdruck kommt", sagte er. Sollten einige Märkte der Eurozone unter Liquiditätsengpässen leiden, wären auch liquiditätszuführende Geschäfte möglich.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht in der EZB-Zusage, "alle verfügbaren Instrumente" einzusetzen, einen Hinweis auf das OMT-Programm, mit dem die EZB Mitte 2012 "die Staatsschuldenkrise eingedämmt" habe. Dieses Instrument wird die EZB nach Krämers Einschätzung aber nur für den Fall eines Grexit einsetzen.
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June 29, 2015 04:20 ET (08:20 GMT)
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