19.03.2014 14:37:00

OeBS-Prozess - Zeugin: "Jemand hat Mist gebaut und mich benutzt"

Im Schmiergeldprozess um die Nationalbank-Tochter OeBS wurden am Mittwoch die ersten Zeugen befragt. Die Ex-Präsidentin der Offshore-Gesellschaft Venkoy, über die die Zahlungen erfolgten, beteuerte, die wahren Gründe und Empfänger nicht gekannt zu haben. Sie habe nur auf Anweisung der beiden angeklagten Rechtsanwälte gehandelt. Sie habe auch nie für einen Geheimdienst gearbeitet.

"Irgendjemand in der OeBS hat Mist gebaut und mich dabei benutzt. Das mag ich nicht!", betonte die Zeugin am zwölften Verhandlungstag im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Wien. "Ich war mir nie einer Schuld bewusst, ich habe mir keine Gelder genommen, nein", empörte sich die Pensionistin noch heute. Sie habe nur über Vermittlung der beiden angeklagten Rechtsanwälte gehandelt. Einer davon, ein ebenfalls bereits pensionierte Anwalt, war der - geheime - Eigentümer der panamesischen Venkoy, die in der Schweiz verwaltet wurde, der andere ein guter Freund von ihm.

Für Banknotendruckaufträge hat die OeBS (Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH) ab 2005/06 rund 20 Prozent "Provision" für Aufträge aus Aserbaidschan bzw. 14 Prozent für Aufträge aus Syrien an Personen und Firmen aus dem Umfeld der jeweiligen Notenbanken zurücküberwiesen. Die Provisionen wurden auf den Auftrag aufgeschlagen. Die beiden Ex-Geschäftsführer der OeBS sowie weitere sieben in die Sache involvierte Personen müssen sich deshalb vor Gericht unter anderem wegen Bestechung, Geldwäsche und Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten.

Die etwa 74-jährige Zeugin wurde von den bereits einvernommenen Angeklagten oder ihren Rechtsvertretern bisher in verschiedenen Facetten beschrieben - als "nicht besonders intelligent", "graue Maus" oder auch als gut getarnte "Geheimdienstmitarbeiterin". "Waren Sie für Geheimdienste tätig", fragte Staatsanwalt Volkert Sackmann heute. "Oh Gott, nein, nein", so die Zeugin aufgeregt. Sie habe auch nicht für den russischen Staatszirkus gearbeitet, wie der Verteidiger eines angeklagten Anwaltes vermutete, sondern nur für den Schweizer Nationalzirkus - und sie könne auch kein Russisch. Der Name der "Roten Fini", Rudolfine Steindling, für die sie angeblich auch gearbeitet haben soll, sei ihr nicht bekannt, so die Zeugin.

Die Zeugin, die für ihren E-Mail-Verkehr den Namen "tigerlily" verwendete, erschien heute mit auffällig gefärbten roten Haaren und einer grauen Jacke mit dem Abbild eines Wolfes auf der Rückseite. Sie wirkte leicht unbeholfen, ihre Antworten unterstützte sie mit Händen, Schulterzucken und Kopfschütteln. Im Laufe ihre Befragung wandte sie sich öfters an den angeklagten Rechtsanwalt, für den sie seit 1972 für dessen Venkoy gearbeitet hatte, zuerst als einfache Mitarbeiterin und ab 2002 als Präsidentin. Ihre Einvernahme entbehrte nicht einer gewissen Skurrilität: Nach dem Ende ihrer Befragung wandte sich ihr ehemaliger Chef von der Anklagebank aus an sie, und fragte sie, ob sie nicht Post für ihn mitgebracht habe. Daraufhin zog sie ein großes Kuvert aus ihrer Tasche und händigte es ihm unter den verdutzen Blicken des Richters aus.

Was sie mit den Geldern der OeBS machen sollte, hätten sie die beiden angeklagten Wiener Rechtsanwälte angewiesen, schilderte die Zeugin auf weitere Befragung. Sie habe von ihnen per E-Mail Anweisungen bekommen, was an wen gezahlt werden soll. Auch die Provisionsverträge und Scheinrechnungen habe sie von den beiden Anwälten bekommen und dann unterschrieben. "Ich habe sie nur überflogen", sagte die Zeugin. Die Namen der Unternehmen, an die die Zahlungen geflossen sind, hätten ihr nichts gesagt. Inhaltlich sei ihr zu den Geschäften nichts mitgeteilt worden. Sie habe auch nicht gewusst, wie hoch das Volumen der Druckaufträge war und wie viel für die Venkoy dabei übrig blieb. Den ersten Anwalt kenne sie über den zweiten Anwalt, den Inhaber der Venkoy. "Ich habe ihnen vertraut", meinte die Zeugin.

Sie bestätigte, dass sie auch zweimal in Wien gewesen sei, auch in der OeBS-Druckhalle. Über diese Besuche wurden von einem der angeklagten Anwälte laut Anklage unrichtige Protokolle angefertigt, damit die OeBS-Geschäftsführer die Existenz der Venkoy und ihre Leistungen gegenüber der Revision oder den Betriebsprüfern nachweisen konnten. Ob bei den Besuchen auch über die Aserbaidschan oder Syrien-Geschäfte gesprochen wurde, daran könne sie sich "absolut nicht mehr erinnern", sagte die Zeugin. Die Besprechungen in der OeBS hätten für sie keinen geschäftlichen Charakter gehabt. Alle Schreiben, die ihr übermittelt worden seien, hätte sie nicht hinterfragt. Ihr seien auch keine Kontaktpersonen der Venkoy in Aserbaidschan oder Syrien bekannt gewesen, wie es in einem dieser Protokolle behauptet wird. Sie habe das nur unterschrieben.

Die Zeugin bestätigte auch die Angaben des angeklagten Venkoy-Inhabers, wonach es für panamesische Gesellschaften keine Beleg- oder Aufbewahrungspflichten gebe. Auf sein Verlangen hin habe sie ihm auch alle Venkoy-Unterlagen übergeben.

Die Frau konnte sich heute nicht mehr erinnern, jemals einen Brief des Inhabers der Venkoy erhalten zu haben, den er in der Haft verfasst hatte ("Etwas schreckliches ist passiert ...") und worin er sie unter anderem aufforderte, die Venkoy zu liquidieren, aber alle Unterlagen ab 2006 aufzubewahren.

Der zweite heute geladene Zeuge, der Ehegatte der mitangeklagten Ex-OeBS-Mitarbeiterin, entschlug sich der Aussage.

Der dritte Zeuge, ein für die OeBS zuständiger Wirtschaftsprüfer und Steuerberater von Deloitte, sagte aus, dass er Ende 2005 erstmals - anonymisiert - von Druckaufträgen und Provisionszahlungen der OeBS erfahren habe, als er von einem Mitangeklagten ehemaligen OeBS-Controller gefragt wurde, ob dafür schon 2005 Rückstellungen gemacht werden könnten. Im Zuge einer Betriebsprüfung 2011 seien Provisionszahlungen wieder ein Thema gewesen. Die nun angeklagten OeBS-Geschäftsführer hätten aber versichert, dass es keine Probleme gebe. Auch habe es den Verdacht gegeben, dass es sich bei der Venkoy um eine Briefkastenfirma handle. Als er Nachweise für deren Leistungen verlangte, habe einer der angeklagten Rechtsanwälte, der für den Kontakt zur Venkoy zuständig war, aufgebracht reagiert. Er habe in der Folge auch der Nationalbank empfohlen, bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung abzugeben.

Die Verhandlung wird am Freitag um 9.45 Uhr mit der Befragung von vier weiteren Zeugen fortgesetzt.

(Schluss) ggr/gru

WEB http://www.oenb.at/

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