11.03.2015 11:18:00

Westbalkan-Länder sollen Nowotny zufolge EU-Perspektive nicht aufgeben

Es gebe in der EU "eine gewisse Müdigkeit" im Hinblick auf die künftige Erweiterung der Europäischen Union, sieht OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny keine unmittelbare Perspektive für einen EU-Beitritt weiterer Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. "Das soll aber nicht bedeuten, dass man die europäische Perspektive aufgeben sollte", sagte Nowotny am Dienstagnachmittag in Wien.

Die Einschätzung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der schon vor seinem Amtsantritt erklärt hatte, dass es in den nächsten fünf Jahren keine Erweiterung der EU geben werde, sei "sehr realistisch" gewesen und "spiegelt die Stimmung in der EU wider", sagte Nowotny. Dennoch sei es wichtig für die Westbalkan-Staaten, Struktur- und Institutionenreformen umzusetzen, "denn das tun sie ja nicht für die EU, sondern für sich selbst".

"Ich sehe die Zentralbanken als eine Säule der Institutionenbildung", sagte Nowotny bei der Konferenz "The Western Balkans - 15 Years of Economic Transition", die von der Nationalbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) veranstaltet wurde. Es sei daher wichtig, die Unabhängigkeit der Zentralbanken zu respektieren. Ganz wesentlich sei auch die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit ("rule of law"), da es für kleine Länder ohnehin schwierig sei, Investoren anzuziehen.

Der US-Ökonom Jeffrey Sachs, Direktor des UN Sustainable Development Solutions Network, beurteilte die Chancen der Westbalkan-Länder, wirtschaftlich zum Westen aufzuschließen, eher skeptisch. Selbst wenn etwa Kroatien Reformen umsetze, würden ausländische Investoren trotzdem ausbleiben. Entscheidend sei nämlich vor allem die geografische Entfernung zu den wirtschaftlich hoch entwickelten EU-Ländern. "Je weiter weg, desto niedriger ist das Pro-Kopf-Einkommen."

Auch die Geopolitik spiele eine entscheidende Rolle. "Jene Länder, die als erste der NATO beigetreten sind - Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei - wurden am besten behandelt. Jene, die man auf deren anderer Seite sah, hatten Probleme", meinte Sachs. "Wir müssen einen neuen Modus Vivendi mit Russland finden." Die politische Teilung Europas "ist gefährlich für die Welt und eine schreckliche Sache", so der US-Ökonom.

(Schluss) ivn/tsk/mri

WEB http://www.oenb.at/

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