16.06.2016 17:41:48

Neugelb: Commerzbank digitalisiert ihr gesamtes Geschäft

   Von Madeleine Nissen

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Commerzbank nimmt 200 Millionen Euro in die Hand, um innerhalb der nächsten drei Jahre jede Form des Kundenkontakts digital miteinander zu verzahnen. Dieser Zeitrahmen sei für den "Komplettumbau eines Geschäftsmodells einer Bank" durchaus ambitioniert, sagte Vorstand Michael Mandel bei einem Gespräch mit Journalisten. "Die Kunst ist, das gesamte Geschäft am Ende zu digitalisieren."

   Alle Kanäle sollen dann auf einer einheitlichen technischen Oberfläche arbeiten. Das umfasst die klassische Filiale sowie das Online-, Mobil- und Telefonbanking. "Egal ob Kunde oder Berater und, idealerweise, unabhängig vom Gerät, sind die Funktionen dieselben, da sie auf derselben Plattform fußen", erklärte Holger Grünwald. Er ist Geschäftsführer bei Neugelb, ein von der Commerzbank gegründetes Start-up, das mit an der technischen Modernisierung arbeitet.

Straffung ja, aber kein Kahlschlag bei den Filialen Mit der Digitalisierung will sich die Commerzbank weiter straffen. Dicke Aktenordner wird es nicht mehr geben: Die Bank verbannt das Papier weitestgehend aus den Filialen. Noch gravierender ist die Ankündigung von Mandel, die Produktpalette mindestens zu halbieren. "Digitales Banking heißt auch, Komplexität rausnehmen," sagte er.

   Die Filiale bleibt auch in Zukunft erhalten, verändert aber ihr Gesicht. An Bedeutung gewinnen die Flagship-Filialen. Sie haben das umfangreichste Produktangebot. Daneben gibt es die klassische Filiale mit Kasse und Beratung und die Beratungsfilialen ohne Kasse sowie schlussendlich die Citifiliale mit dem Fokus auf Neukunden.

   Die Commerzbank hat aktuell 1.050 Filialen mit 12.000 Mitarbeitern. "Einen Kahlschlag, wie das die eine oder andere Bank macht, halte ich nicht für sinnvoll", sagte Mandel. Doch ob die Zahl in vier Jahren kleiner oder größer wird, ist seiner Einschätzung nach letztendlich irrelevant. Nicht die Filialen selbst machen sich bei den Kosten bemerkbar, sondern die Zahl der Mitarbeiter, wie Mandel sagte. Die Kosten müssten verwaltet werden, ohne gleich den Rotstift anzusetzen, betonte er. "Ich glaube nicht, das Kostensenkungen uns nach vorne bringen."

Wettbewerber setzen auf Kostensenkungen Eine andere Strategie fährt die Deutsche Bank. Der Wettbewerber, der seinen Hauptsitz einige Straßenblocks weiter hat, senkt nicht nur die Zahl der Filialen von 700 auf 500, er strafft auch radikal die Kosten. "Die Kosten hängen uns wie ein Mühlstein am Hals", sagte Vorstandschef John Cryan zu Jahresbeginn. Kritiker werfen der Bank jedoch vor, sich durch die Kostensenkungen auch Wachstumsmöglichkeiten zu versperren. Die Hypo Vereinsbank setzt ebenfalls auf eine Reduzierung der Filialen. Ihre Strategie ist es, sich auf wohlhabende Kunden zu konzentrieren.

   Die Idee einer "Multi-Kanalbank" an sich ist nicht neu. Mehrere Banken, darunter die Postbank, versuchen seit Jahren, diesem Ansatz gerecht zu werden. Schon 2009 erklärte der damalige Postbank-Vorstand Michel Meyer, auf diese Weise den Kunden "komplett" an sich binden zu wollen.

   Auch die Commerzbank ist seit Jahren dran, alle Kanäle zu bedienen und hat eine Menge neuer Produkte eingeführt. Mandel: "Wir haben (...) einen ziemlich anstrengenden Turnaround hinter uns und sind jetzt ökonomisch wieder in der Lage (...) den nächsten Schritt zu machen, um die voll digitale Multi-Kanalbank draus zu machen."

Comdirect und Commerzbank unter einem Dach? Ob die Bank ihre Strategie der zwei Marken, die Onlinebank Comdirect auf der einen Seite und die auf Filialen und Beratung setzende Commerzbank auf der anderen, auch in Zukunft unter zwei Dächern fortführt, ist zumindest fraglich. "Das werden wir uns nochmal angucken", sagte Mandel. Aktuell sieht er jedoch keinen Grund, etwas zu ändern. Interessanter sind aus seiner Sicht Kooperationen zwischen Mutter und Tochter. "Aber solange beide wachsen und profitabel sind, muss man das nicht neu denken", sagte er. "Wir haben genug Hausaufgaben bei der Commerzbank."

   Kontakt zur Autorin: Madeleine.Nissen@wsj.com

   DJG/mln/bam

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