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Droht ein Börsencrash? 04.07.2013 05:14:30

Nomura: Japanische Bilanzrezession nun auch in Europa

Nach Einschätzung von Richard Koo, Chefvolkswirt von Nomura Research Institute, sind die Privathaushalte und Unternehmen in Europa vielmehr damit beschäftigt, nach dem Platzen der Immobilienblasen ihre angeschlagenen Bilanzen wieder in Ordnung zu bringen und Schulden abzubauen. Dadurch wird der Wirtschaft aber Geld entzogen, und die Kreditnachfrage bleibt schwach.

   Dieses Phänomen der Bilanzrezession und deren Überwindung ist laut Koo ein langwieriger und schwieriger Prozess. Problematisch ist vor allem, dass dieser Entschuldungsprozess, der für einzelne Unternehmen bzw Privathaushalte individuell betrachtet richtig und notwendig ist, auf die Gesamtwirtschaft übertragen eine große Belastung darstellen kann - nämlich dann, wenn sich alle Wirtschaftsteilnehmer in der gleichen Art und Weise verhalten. Denn wie soll eine Wirtschaft wachsen, wenn alle Unternehmen und Privathaushalte damit beschäftigt sind, die Schuldenexzesse der Vergangenheit abzubauen und die Aufnahme neuer Kredite verweigern, fragt Koo.

   Eine Nullzinspolitik der Notenbank, die bei einer normalen Rezession stimulierend wirkt, setzt in einem solchen Umfeld kaum Anreize. Welche gravierenden Folgen eine Bilanzrezession und der damit verbundene Entschuldungsprozess hat, wird an der Entwicklung in Europa deutlich. Nachdem die Sparquote des Privatsektors in den meisten Ländern der Peripherie vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 stark negativ war, ist sie nun stark positiv - in Spanien liegt sie bei 10,4 Prozent, in Irland bei 5,4 Prozent. Dass diese Sparquoten in Kombination mit auferlegten Sparprogrammen eine schwere Rezession in diesen Ländern zur Folge haben, ist für Koo selbstverständlich.

   Um einen Zusammenbruch der Wirtschaft zu vermeiden, sei es daher von entscheidender Bedeutung, dass die Regierungen ihre Fiskalpolitik in dem Maß ausweiteten, wie sich der Privatsektor entschulde. Allein der expansiven Fiskalpolitik der japanischen Regierung sei es zu verdanken, dass das japanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) trotz der Bilanzrezession nicht unter das Niveau von vor Ausbruch der japanischen Finanzkrise Anfang der 90er-Jahre gefallen sei. Der Preis, der dafür zu entrichten war, war ein Anstieg der Verschuldungsquote in Japan auf 240 Prozent. Koo glaubt aber, dass das Schuldenproblem zu bewältigen ist, sobald die Wirtschaft wieder stärker wächst.

   Die Voraussetzungen dafür seien nicht schlecht, denn die japanischen Unternehmen hätten in der Zwischenzeit den Entschuldungsprozess erfolgreich abgeschlossen und ständen in vielen Fällen bilanziell hervorragend da. Hier kommt "Abenomics", also die Reformbemühungen von Premier Shinzo Abe, ins Spiel. Nachdem die japanische Notenbank eine Verdoppelung der monetären Geldbasis angekündigt hatte, glaubten immer mehr Japaner, dass die tiefsitzende Deflation tatsächlich überwunden werden kann, sagt Koo.

   Flankiert durch Strukturreformen - etwa die Liberalisierung des Arbeitsmarktes oder die Öffnung des Energie- und Gesundheitswesens - sieht der Experte nun eine echte Chance, dass das Trauma der geplatzten Blase und der anschließenden Bilanzrezession überwunden werden kann und die Japaner in Zukunft wieder stärker investieren. Mit Blick auf Europa warnt Koo angesichts der Erfahrungen in Japan eindringlich vor den negativen Folgen einer restriktiven Fiskalpolitik. Vielmehr spricht er sich für eine Flexibilisierung derselben aus, um dem Phänomen der Bilanzrezession gerecht zu werden. Ein Festhalten an Haushaltsdefizitzielen sei in einem solchen Umfeld kontraproduktiv.

   DJG/mpt/cln

  Dow Jones Newswires

   Von Manuel Priego Thimmel

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