02.07.2013 07:24:32
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Aufruhr um Spähangriff bedroht Freihandelsgespräche mit USA
Von Harriet Torry und Sam Schechner
Der diplomatische Aufruhr um gezielte Abhörangriffe der Amerikaner in Europa zieht weitere Kreise. Nach heftiger Kritik aus Deutschland und Frankreich kündigte US-Präsident Barack Obama an, über die Lauschangriffe des US-Geheimdienstes Auskunft geben zu wollen. "Wenn wir eine Antwort haben, werden wir sicherstellen, dass unsere Verbündeten alle gewünschten Informationen erhalten", sagte er. Der französische Staatspräsident François Hollande sieht die Freihandelsgespräche mit den USA in Frage gestellt.
Die Sprecher von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärten, dieser habe Obamas Äußerungen "zur Kenntnis genommen". Er sei zudem "sehr besorgt" angesichts der Berichte, hieß es.
Nach Informationen des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden hat der US-Geheimdienst NSA gezielt europäische Einrichtungen in Washington, New York und Brüssel sowie die Botschaften Frankreichs, Italiens und Griechenlands in den USA abgehört. Das löste in Europa große Empörung aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bestellte am Montag den US-Botschafter in Berlin zum Gespräch und erklärte, die Enthüllungen hätten bei ihr für "Befremden" gesorgt. "Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert und fügte hinzu, dass Spionage unter Freunden nicht angemessen sei. Das deutsche Außenministerium verlangte eine Erklärung vom US-Botschafter; die Bundesregierung kündigte an, "bald" auch mit Präsident Obama direkt sprechen zu wollen.
Der französische Staatspräsident François Hollande wehrte sich ebenfalls deutlich gegen die Spähmethoden der USA und sagte im französischen Fernsehen: "Wir verlangen, dass das sofort aufhört". Es gebe genug Anhaltspunkte, um eine Erklärung zu fordern. Er sagte auch, dass die geplanten Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU nun in der Schwebe seien.
Während eines Staatsbesuchs in Tansania verteidigte US-Präsident Obama grundsätzlich die Arbeit des amerikanischen Geheimdienstes. Er sagte, jeder Geheimdienst versuche, die Welt besser zu verstehen und suche "über das, was durch offene Quellen verfügbar ist, hinaus nach zusätzlichen Einblicken". Wäre das nicht so, sagte Obama, "bräuchte man Geheimdienste nicht".
Aber dass Paris und Berlin ihrem Ärger derart offen und deutlich Luft machen, zeigt, in was für eine diplomatische Schlammschlacht sich die USA verwickelt haben. Die Europäer hatten schon vorher Kritik geübt, als ans Licht gekommen war, dass die USA soziale Medien und Emails im Internet genauestens verfolgen. Seitdem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel aber auch über verwanzte Büros und gehackte Computer von EU-Behörden in Washington berichtet hat, ist das Misstrauen der Europäer gegen die USA deutlich gewachsen.
Am 8. Juli sollten eigentlich neue Handelsgespräche zwischen den USA und der EU beginnen. Nach den Spionage-Enthüllungen hat Frankreichs Präsident Hollande den Verhandlungsstart nun angezweifelt. Er sagte, es sollte überhaupt keine Verhandlungen mit den USA geben, solange das Land nicht garantiere, dass es seine europäischen Verbündeten nicht ausspioniere.
(Den vollständigen Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)
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July 02, 2013 01:04 ET (05:04 GMT)
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