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Joint-Venture gescheitert 01.07.2013 11:50:31

Siemens verkauft seinen NSN-Anteil an Nokia für 1,7 Milliarden

Für die Finnen ist das ein guter Preis. Sie müssen zunächst nur 1,2 Milliarden in Euro in bar auf den Tisch legen, für die restlichen rund 500 Millionen Euro gewährt ihnen Siemens ein besichertes einjähriges Darlehen. Aber auch Siemens kommt gut weg, der Konzern dürfte laut Analysten einen kleinen Buchgewinn einstreichen. Die Nokia-Aktie legte bei Handelseröffnung um 9,5 Prozent hin, Siemens handelte am frühen Morgen über zwei Prozent im Plus. Der Markt reagierte erfreut auf die Ankündigung, auch wenn sie schon erwartet worden war. "Für Siemens ist es gut, wenn die unrentablen Sparten und Beteiligungen langsam verkauft oder geschlossen werden", sagte ein Händler.

Nokia habe sich ihrerseits "einen profitabel arbeitenden und Liquidität generierenden Vermögensteil innerhalb des Konzerns gesichert. Das wird zu einem stabileren Ausblick für die Bilanz beitragen, während das Smartphone-Geschäft mit dem Turnaround kämpft", sagten Analysten von Liberum Capital. Der Preis sei sehr attraktiv, heißt es auch dort.

Allerdings könnte die Übernahme des Siemens-Anteils für Nokia auch ein zweischneidiges Schwert, sagen die Analysten von Bernstein. Der Ausblick für NSN sei besser als der für das Handygeschäft von Nokia. Die Übernahme dürfte die langfristige Perspektive des Konzerns deshalb konkretisieren. Jedoch belaste der Anteilskauf die eher schwache Bilanz der Finnen in Zeiten, in denen der Konzern kostenträchtige Restrukturierungen seiner Handysparte finanzieren müsse, warnen die Analysten.

Die Marktbeobachter hatten den Wert von NSN zuletzt allerdings weitaus höher angesetzt. "Der Verkaufspreis liegt eher am unteren Ende der bisherigen Börsenspekulationen, die lagen bei bis zu 3,25 Milliarden Euro für den Anteil", sagt Volker Stoll von der LBBW. Bei Siemens stehe die Beteiligung aber lediglich mit 1,5 Milliarden Euro in den Büchern. Das liege daran, dass Siemens die Beteiligung rechtzeitig abgeschrieben habe. "Der Preis liegt also im grünen Bereich, für Siemens entsteht ein Buchgewinn von 200 Millionen Euro. Bei strategischen Verkäufen muss man eben Kompromisse eingehen", sagt der Analyst.

Ein Siemens-Sprecher sagte dazu, man habe mit Nokia eine Fair-Value-Bewertung durchgeführt, wie es im Joint-Venture-Vertrag vorgesehen sei. Daran orientiere sich der Kaufpreis. Mit welchem Wert die Beteiligung bislang in den Siemens-Büchern stand, wollte er nicht kommentieren. Dazu werde sich Siemens erst bei Vorlage der Zahlen für das dritte Geschäftsquartal im August äußern.

Viel wichtiger als der Kaufpreis sei jedoch, dass "Siemens mit Hochdruck an der Portfoliobereinigung arbeitet", so LBBW-Analyst Stoll. Der DAX-Konzern steckt mitten in einem Restrukturierungsprogramm, um seine Gewinnmargen aufzupäppeln. Dazu gehören Einsparungen, der Verkauf renditeschwacher Geschäfte und Zukäufe, um die Präsenz außerhalb Europas zu stärken.

Nach dem Spin-Off der Lichttochter Osram kündigte der DAX-Konzern vor Kurzem die Schließung seiner unrentablen Solarsparte an. Auf der Verkaufsliste stehen zudem die Wassersparte und das Geschäft mit der Abfertigung von Gepäck sowie der Sortierung von Briefen und Paketen.

Die Münchener gehen davon aus, dass der NSN-Deal im dritten Kalenderquartal abgeschlossen wird. NSN wird dann ein 100-prozentiges Tochterunternehmen von Nokia sein. Der Verwaltungsrat von Nokia sowie der Vorstand und der Aufsichtsrat von Siemens haben der Übernahme bereits zugestimmt.

Siemens hatte im Frühjahr signalisiert, aus dem Gemeinschaftsunternehmen aussteigen zu wollen, kurz bevor ein Aktionärsabkommen für NSN auslief. Erst vor zwei Wochen war aus Kreisen verlautet, die Münchener sondierten das Interesse von Finanzinvestoren an einer Übernahme von NSN, und hätten dazu Kontakt zu einigen Beteiligungsgesellschaften aufgenommen. Darunter seien TPG, KKR und Blackstone, berichten mehrere Informanten. Auch dass Nokia den Partner Siemens mit Hilfe des finnischen Staatsfonds Solidium aus dem Joint Venture herauskaufen wolle, wurde kolportiert, und über einen möglichen Börsengang spekuliert.

An dem jetzt geschlossenen Pakt seien allerdings keine Partner beteiligt, sagte eine informierte Person und fügte hinzu, dass die Investmentbank J.P. Morgan Chase das Geschäft finanziere.

Als besonders knifflig galt bei allen Ausstiegsszenarien die Frage des angemessenen Preises. Das Ermitteln einer angemessenen NSN-Bewertung hakte laut Bankern daran, dass die künftige Gewinnentwicklung noch schwieriger vorherzusagen ist als die von anderen Unternehmen. Das im April 2007 gegründete Joint Venture hatte lange Zeit damit zu kämpfen, nachhaltig Gewinne zu erzielen - zu stark ist der Wettbewerb, insbesondere aus Asien mit Konkurrenten wie Huawei oder ZTE. Im vierten Quartal 2012 machte NSN dann aber rund 252 Millionen Euro Gewinn, und auch das erste Quartal 2013 brachte schwarze Zahlen.

Nachdem der Telekomausrüster weitere Fortschritte gemacht hat - sowohl bei den Einsparbemühungen als auch mit dem Schwerpunkt auf Mobilfunktechnik der vierten Generation - ist der Unternehmenswert immerhin wieder gestiegen. Im Zuge der Restrukturierung hat NSN etwa ein Viertel der Stellen weltweit gestrichen und sich von Geschäftsteilen getrennt.

Laut dem Bericht einer finnischen Zeitung könnte NSN zudem zwischen 500 und 600 Millionen Euro mit dem Verkauf von Produktionsanlagen einnehmen. Ein entsprechendes Bieterverfahren sei Ende Juni ausgelaufen, schreibt Helsingin Sanomat unter Berufung auf vertrauliche Unternehmensdokumente, in die die Zeitung Einblick hatte. Unter den Interessenten waren demnach Auftragshersteller wie der Apple-Lieferant Foxconn, Flextronics International, Sanmina-SCI und Jabil Circuit.

"NSN hat mit einem klaren strategischen Fokus und starken Führungsteam seine geschäftliche und finanzielle Entwicklung strukturell verbessert", äußerte sich Nokia-CEO Stephen Elop zuversichtlich über die weitere Entwicklung. "Außerdem hat sich NSN als führender Anbieter bei Mobilfunknetzen der nächsten Generation (LTE) etabliert, mit attraktivem Wachstumspotenzial. Nokia ist mit diesen Entwicklungen sehr zufrieden und wird NSN unterstützen, zusätzlichen Wert innerhalb der Nokia-Gruppe zu schaffen".

Siemens-Finanzchef Joe Kaeser hatte im März den Startschuss für einen Ausstieg bei NSN gegeben. Mit Blick auf den Telekomausrüster sagte er damals, dies sei "kein Geschäftsbereich, in dem wir irgendein Bestreben haben, zu bleiben. Wir glauben, dass 2013 für Siemens der Zeitpunkt gekommen ist, NSN dabei zu helfen, einen besseren Platz zu finden."

Nun erklärte Kaeser in der Mittelung, Siemens treibe mit dem Verkauf die Fokussierung auf das Kerngeschäft weiter konsequent voran. "Damit konzentrieren wir uns auf unsere Stärken in der Energietechnik, Industrie und Infrastruktur, sowie dem Gesundheitswesen".

Nokia will NSN weiterhin konsolidieren und die Eigenständigkeit des Unternehmens stärken. Dementsprechend wird das bisherige Management und die Führungsstruktur beibehalten, mit Rajeev Suri als CEO und Jesper Ovesen als Vorsitzender des Verwaltungsrats. Der Verwaltungsrat wird der neuen Eigentümerstruktur entsprechend angepasst. Hauptsitz des Unternehmens bleibt Espoo in Finnland.

   Mitarbeit: Sharon Terlep

   DJG/brb/sha

   Dow Jones Newswires

Von Stefanie Haxel und Britta Becks

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