27.06.2013 17:26:30

Ausnahmeregeln bei Rettung von Pleitebanken in der Kritik

   Von Andreas Kissler und Madeleine Nissen

   Kaum haben sich die Finanzminister auf einen Rettungsplan für Pleitebanken geeinigt, hagelt es schon Kritik. Der Vorwurf: Der Plan, die Abwicklung oder Restrukturierung von Banken im Euroraum künftig vor allem von Aktionären und Gläubigern bezahlen zu lassen, sieht zu viele Ausnahmen vor.

   Künftig stehen bei einem in Schieflage geratenen Institut zuerst Aktionäre und Anleihebesitzer in der Verantwortung. In einem nächsten Schritt können auch Bankguthaben über 100.000 Euro herangezogen werden. Die Konten von Kleinsparern sollen dagegen nicht angetastet werden. Der Steuerzahler soll so lange wie möglich unbehelligt bleiben.

   Diese Einigung ist nach Meinung der Grünen auf Druck der Finanzlobby so gestrickt, dass "scheunentorgroße Hintertüren offen bleiben". Der Steuerzahler werde viel eher als nötig zur Kasse gebeten, kritisierten Fraktionschef Jürgen Trittin und Finanzexperte Gerhard Schick. Auch, dass die neuen Regeln erst 2018 in Kraft treten sollen, sei ein Manko.

   Auch die SPD sieht die Vereinbarung nicht als Erfolg. "Mit der Entscheidung im Ecofin bleibt das Erpressungspotenzial von Banken gegenüber Staaten erhalten", meinte der SPD-Budgetexperte Carsten Schneider. "Auch in Zukunft wird deshalb die Rechnung für die Risiken maroder Banken am Steuerzahler hängen bleiben", sagte er voraus. Der Kompromiss der Finanzminister räume den nationalen Abwicklungsinstitutionen zu viel Flexibilität bei der Frage ein, wie Eigentümer und Gläubiger im Falle der Abwicklung einer Bank einbezogen werden.

   Schneider warnte vor einem Flickenteppich, weil es zu viele Ausnahmen bei der Gläubigerbeteiligung geben solle. Die Entscheidung zeige erneut die Notwendigkeit für die Schaffung einer zentralen Abwicklungsinstitution, meinte er. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnt solche Pläne aber bislang strikt ab, weil er dafür keine EU-Vertragsgrundlage sieht.

   Dagegen begrüßt die Bundesregierung die Einigung. "Die Regeln bringen die Steuerzahler in eine sehr komfortable Position", sagte Finanzstaatsssekretär Steffen Kampeter (CDU) bei einer Konferenz in Berlin. "Wir haben nun eine Haftungskaskade." Dass es jetzt europäische Regeln gebe, sei für sich "eine gute Nachricht", denn die Uneinheitlichkeit der Bestimmungen sei bislang ein Unsicherheitsfaktor gewesen, meinte Kampeter.

   Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Einigung der Finanzminister gut geheißen. In Zukunft würden "primär die Eigentümer und Gläubiger zur Verantwortung gezogen", und man komme weg davon, dass die Steuerzahler für Verluste gerade stehen müssten. "Eine zentrale Frage ist die Frage, wie europäische Banken das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen", hatte Merkel im Bundestag zudem gesagt.

   Von Seiten der Verbände war die Reaktion grundsätzlich positiv. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) begrüßte den Schritt. Bei den besonders umstrittenen Vorgaben zur Bankenhaftung sei entscheidend, dass den Gläubigern im Vorhinein klar sei, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Verbindlichkeiten sie nach den Aktionären einen Abwicklungsbeitrag leisten müssen, betonte der BdB.

   Und der Verband mahnte an: "Die Trilogverhandlungen sollten jetzt zügig abgeschlossen werden, sodass möglichst zeitgleich mit dem Start der Europäischen Bankenaufsicht ein grenzüberschreitendes Sanierungs- und Abwicklungsregime EU-weit eingeführt werden kann."

   Auch von Seiten der Sparkassen steht man der Einigung grundsätzlich positiv gegenüber. "Diese Regelungen dürfen aber regional tätige Institute mit risikoarmen Geschäftsmodell nicht belasten", mahnte Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon jedoch an. Die Gruppe befürchtet ähnlich wie die Genossenschaftsbanken, dass ihre Sicherungssysteme dazu genutzt werden sollen, um etwa spanische Pleitebanken vor dem Untergang zu retten. Das wollen die Sparkassen aber um jeden Preis vermeiden.

   (Mitarbeit: Alexandra Edinger)

   Kontakt zu den Autoren: andreas.kissler@dowjones.com; madeleine.nissen@wsj.com

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