25.06.2013 12:36:30
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Notenbanker wollen nervöse Märkte beruhigen
Von Hans Bentzien
Nach dem weltweiten Anstieg der Staatsanleiherenditen versuchen Notenbanken rund um die Welt, die nervösen Märkte zu beruhigen. Von Peking bis London versichern Geldpolitiker, dass abrupte Änderungen in der Zinspolitik nicht bevorstünden. Angestoßen hat den Renditeanstieg in der vergangenen Woche Fed-Chairman Ben Bernanke, als er sehr vorsichtig eine bevorstehende Zinswende andeutete.
Bernanke hatte dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Fed ihr aktuelles Anleihekaufprogramm drosseln würde. Seither ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen von 2,18 auf 2,56 Prozent gestiegen, den höchsten Stand seit April 2011. Das klingt nicht sehr beeindruckend, kommt aber bei dieser liquidesten aller Staatsanleihen einem Erdrutsch gleich.
Auch die in der Krise sehr gesuchten deutschen Staatsanleihen verzeichneten kräftige Abflüsse. Am Dienstagmorgen kletterte die Rendite der Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf 1,78 Prozent, den höchsten Stand seit April 2012.
Angesichts solcher Marktreaktionen bekommt die Fed Angst vor der eigenen Courage und rudert verbal etwas zurück. In einem ungewöhnlichen Vorstoß veröffentlichte der Präsident der Zentralbank von Minneapolis, Narayana Kocherlakota, eine Stellungnahme und trommelte Journalisten zu einer Ad-hoc-Telefonkonferenz zusammen.
Seine Botschaft: Die Fed ist gewillt, ihr Anleihekaufprogramm solange fortzusetzen, bis die Arbeitslosenrate in den USA weiter gesunken ist. Und sie ist gewillt, die kurzfristigen Zinsen auch lange nach dem Ende der Anleihekäufe noch nahe null zu halten.
Das müsse man den Leuten "einhämmern, jedes Mal wenn wir über [Geld-]Politik reden", sagte Kocherlakota während des Telefongesprächs. Damit wiederholte er zwar nur, was Bernanke schon seit Monaten sagt. Aber offenbar wollte der als geldpolitische "Taube" bekannte Kocherlakota darauf aufmerksam machen, dass der Fed die an den Märkten vorgezogene Zinswende nicht gefällt.
EZB-Direktor Benoit Coeure stieß in das gleiche Horn. Die Europäische Zentralbank (EZB) sei "weit entfernt" von einem Ende ihrer stimulierenden Politik, sagte der Notenbanker in London. "Die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen lassen keine Umkehr zu", sagte Coeure laut vorab verbreitetem Manuskript. Südeuropas Regierungen können steigende Refinanzierungskosten gerade gar nicht gebrauchen.
Die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen lag am Morgen bei 4,735 Prozent, 43 Basispunkte höher als vor Bernankes Pressekonferenz in der vergangenen Woche. Der Renditeanstand zu deutschen Bundesanleihen vergrößerte sich in dieser Zeit um 24 auf 297 Basispunkte. Bei einer Auktion fünfjähriger inflationsindexierter Papiere erreichte die Rendite 2,91 Prozent. Ende Mai hatte das römische Schatzamt für die gleichen Papiere nur 1,84 Prozent Zinsen zahlen müssen.
Alarmierend nehmen sich vor diesem Hintergrund Äußerungen eines italienischen Bankvolkswirts aus, der Italien bereits als nächsten Kandidaten für eine Rettungspaket sieht. In einer vertraulichen Mitteilung an Kunden, die aber dem britischen Daly Telegraph zugespielt wurde, warnt Mediobanca-Top-Analyst Antonio Guglielmi, Italien werde in den nächsten sechs Monaten zwangsläufig um eine Rettung durch die EU bitten müssen, sollte es nicht auf niedrigere Kreditkosten und eine breitere Erholung setzen können.
Das mit den niedrigeren Kreditkosten wird vorerst wohl nichts. Und auch die Wachstumsaussichten für Italien sehen nicht rosig aus. Zwar besserte sich im Juni das Verbrauchervertrauen spürbar, doch leidet die Exportwirtschaft Italiens unter ihrer gesunkenen preislichen Wettbewerbsfähigkeit.
Zudem ziehen erneut dunkle Wolken am Konjunkturhimmel der wichtigsten asiatischen Volkswirtschaft auf. Die Interbankenzinsen in China sind derzeit doppelt so hoch wie normalerweise, weil die Zentralbank des Landes zur Bekämpfung einer übertriebenen Kreditvergabe die Liquidität im Bankensystem eindämmen will. Wegen der scharfen Marktreaktion ist aber auch sie inzwischen etwas zurückgerudert und hat eine Normalisierung der Kreditzinsen angekündigt.
Recht unterschiedlich im Ton gerieten die Äußerungen des scheidenden und des designierten Gouverneurs der Bank of England. Während Mervyn King sagte, es wäre unklug, würden die Zentralbanken jetzt ihre Zinsen anheben, blieb Mark Carney in seiner Eigenschaft als Chairman des internationalen Finanzsstabilitätsausschusses ganz kühl: "Zweifellos müssen sich die Finanzinstitutionen bei ihren Geschäften auf etwas oder auch deutlich höhere Zinsen einstellen", sagte er. Carney tritt im Juli das Amt als BoE-Gouverneur an.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
(Mitarbeit: Dennis Baker, Hans Bielefeld, Michael Denzin, Michael S. Derby, Manuel Priego-Thimmel, Liyan Qi, Christopher Lawton, Jason Douglas, Alex Brittain und Todd Buell)
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