Verkauf geplant? 10.06.2013 18:04:00

Daimler und Evonik prüfen Verkauf von Batterie-JV

Nach Aussage mehrerer mit der Situation vertrauter Personen erwägen die Partner den Verkauf des defizitären Gemeinschaftsunternehmens. Aus dem Verkauf erhoffen sich der Autohersteller und der Mischkonzern einen Erlös von rund 1 Milliarde Euro. Angesichts der unsicheren Zukunft für die Branche ist ein solcher Verkaufspreis aber fraglich.

Die strategische Partnerschaft in der Batterietechnik droht damit nach nur wenigen Jahren in die Brüche zu gehen. Dabei hatten der Automobilriese Daimler und der Mischkonzern Evonik die Allianz bei der Bekanntgabe Ende 2008 als "wichtigen Meilenstein" für die Serienfertigung von Elektrofahrzeugen gefeiert. Gleichbedeutend mit dem "Eintritt in einen Milliardenmarkt" sollte sie sein; die Partner hatten das Marktvolumen leistungsfähiger Lithium-Ionen-Batterien bis Ende dieses Jahrzehnts die Schwelle von 10 Milliarden Euro überschreiten sehen.

Daimler beteiligte sich damals mit 49,9 Prozent am Hersteller von Lithium-Ionen-Batteriezellen Li-Tec, an dem Evonik die restlichen Anteile hielt. Der Plan war damals, einen weiteren Partner mit Expertise in der Systemintegration von Elektrik und Elektronik zu finden.

Im sächsischen Kamenz zogen die beiden Unternehmen die nach eigenen Angaben größte Fabrik für die Produktion von Batteriezellen in Europa hoch. Ende vergangenen Jahres waren dort laut der Internetseite 360 Mitarbeiter beschäftigt. Die Produktion begann 2011, seit vergangenem Jahr werden erste Lithium-Ionen-Batteriesysteme in der Elektroversion des Daimler-Stadtflitzers smart verbaut. Der smart electric drive läuft seit etwa einem Jahr im französischen Werk in Hambach vom Band und kostet inklusive Batterie rund 19.000 Euro.

Nachdem sich kein weiterer Partner für Li-Tec fand, sei nun ein Verkauf möglich, hieß es von den Informanten. Ein Daimler-Sprecher sagte dazu, der Konzern prüfe verschiedene Optionen, um das Geschäft der Li-Tec im hart umkämpften Markt für Batteriezellen langfristig auf eine breitere Basis zu stellen. Es gebe aber noch keine Entscheidungen. Bei Evonik war zunächst keine Stellungnahme zu dem möglichen Li-Tec-Verkauf zu erhalten.

Laut Branchenkreisen könnte Li-Tec vor allem für Autozulieferer wie Bosch oder asiatische Konkurrenten ein interessantes Kaufobjekt sein. Denn diese hätten es leichter, neben Daimler auch andere Autobauer als Kunden zu gewinnen.

Von Anfang an war es der Plan von Li-Tec, nach geschafftem Durchbruch auch andere Hersteller mit Lithium-Ionen-Zellen zu versorgen. Seit der Gründung schrieb das Unternehmen jedoch stets rote Zahlen: Alleine 2011 fiel laut dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschluss ein Minus von rund 26,2 Millionen Euro an - gut zwei Drittel mehr als im Jahr davor. Auch für 2012 und 2013 rechnet Li-Tec mit operativen Verlusten.

Die hochfliegenden Hoffnungen der Industrie haben sich bis heute nicht erfüllt. Der weltweite Markt für Elektroautos entwickelte sich in den vergangenen Jahren langsamer als erwartet und kommt nach wie vor nicht so recht in die Gänge.

Zu groß sind die Probleme, die der Massentauglichkeit der Zukunftstechnologie noch im Wege stehen. Die wichtigsten sind wohl die hohen Preise von Batterie und somit Auto sowie die niedrige Reichweite und die fehlende Ladeinfrastruktur. Erst nach 2020 sehen Branchenkenner mittlerweile Chancen für einen echten Durchbruch des rein strombetriebenen Fahrens. Als Brückentechnologie werden sich nach Einschätzung vieler Experten in den kommenden Jahren wohl eher Hybridautos durchsetzen, die neben einem kleineren Elektromotor auch von einem herkömmlichen Verbrenner angetrieben werden.

Gerade im Bereich der Batterie, die das Herzstück eines jeden E-Autos ist, hatte es in letzter Zeit einige Rückschläge für die Autobranche gegeben: So trennte sich beispielsweise der weltgrößte Zulieferer Bosch nach nur vier Jahren im September vergangenen Jahres vom koreanischen Partner Samsung, hält sich aber explizit weitere Partnerschaften offen. Und Better Place - der israelische Wechsel-Akku-Anbieter des ehemaligen SAP-Managers Shai Agassi - meldete Ende Mai Insolvenz an.

Eine Batterie für ein Elektroauto, die dem Fahrer eine Reichweite von 100 Kilometern erlaubt, kostet nach wie vor so viel wie mancher herkömmliche Kleinwagen. Der Preis wird nach Expertenschätzungen zwar noch deutlich sinken, jedoch bei weitem nicht so schnell wie vielerorts erhofft. Bernd Bohr, Chef der Kfz-Sparte von Europas größtem Autozulieferer Bosch, sagte in einem Interview mit der Wirtschaftswoche, das reine Elektroauto könne nur richtig erfolgreich werden, wenn die Batteriekapazität zwei- bis dreimal so groß sei wie heute und die Kosten sich halbierten. Zugleich warnte er vor bereits heute bestehenden Überkapazitäten.

Kooperationen sind in der Automobilindustrie gerade im Bereich der Elektromobilität an der Tagesordnung. Da noch ungewiss ist, ob und wann sich die horrenden Investitionen in die Zukunftstechnologie rentieren, setzen die Unternehmen in der Branche alles daran, die Lasten nicht alleine tragen zu müssen. Die gewählten Konstellationen sind dabei durchaus unterschiedlich und machen deutlich, dass die Industrie bei der Technologie nach wie vor in der Selbstfindungsphase steckt: Manche Autobauer arbeiten mit Konkurrenten zusammen, andere mit Zulieferern oder sogar branchenfremden Unternehmen. So kooperiert beispielsweise BMW mit Toyota, Daimler entwickelt mit Bosch E-Motoren und Conti zusammen mit dem koreanischen Mischkonzern SK Batterien.

Kontakt zu den Autoren: eyk.henning@dowjones.com; nico.schmidt@dowjones.com (Mitarbeit: Natali Schwab) DJG/ncs/jhe Dow Jones Newswires Von Eyk Henning und Nico Schmidt

Weitere Links:

Analysen zu Evonik AGmehr Analysen

15.11.24 Evonik Neutral Goldman Sachs Group Inc.
13.11.24 Evonik Underperform Jefferies & Company Inc.
07.11.24 Evonik Buy Deutsche Bank AG
07.11.24 Evonik Kaufen DZ BANK
07.11.24 Evonik Hold Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

Evonik AG 17,34 0,17% Evonik AG
Mercedes-Benz Group (ex Daimler) 52,84 0,53% Mercedes-Benz Group (ex Daimler)