31.05.2013 13:40:30
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EU-Transaktionssteuer droht massive Verwässerung
Von Tom Fairless
BRÜSSEL--Die geplante Transaktionssteuer für Finanzgeschäfte droht angesichts politischer Unstimmigkeiten massiv aufgeweicht zu werden. Zwischen den elf Ländern, die sich von der Einführung der Steuer Milliardeneinnahmen versprechen, bestehen nach Angaben von Beteiligten wesentliche Differenzen in grundlegenden Fragen. Aus diesem Grund gebe es Verzögerungen bei der Umsetzung, und der Vorschlag könnte stark eingedampft werden, sagten Diplomaten der Europäischen Union, die an den Verhandlungen beteiligt sind.
Seit Jahresanfang hat es zwar schon einige Treffen zu dem Thema gegeben, doch müssen sich die Vertreter der Staaten, die die Steuer im Alleingang einführen wollen, noch auf einen konkreten Vorschlag einigen. Nach wie vor seien die Politiker aber zerstritten, sagten die Informanten. Unklar sei etwa nach wie vor das Ausmaß der Besteuerung und die Frage, wie die Milliardeneinnahmen im Anschluss eigentlich verteilt werden sollen.
"Die Entwicklung beim Thema Finanztransaktionssteuer verlangsamt sich", warnte ein beteiligter EU-Diplomat. "Es müssen nach wie vor wichtige Entscheidungen getroffen werden."
Europa hat lange intensiv über die Einführung der Steuer diskutiert. Ursprünglich wollte die EU-Kommission eine Steuer für alle 27 EU-Mitgliedsstaaten erheben, doch war der ursprüngliche Vorschlag am Widerstand von Großbritannien, den Niederlanden und anderen gescheitert. Nun soll die Steuer zunächst nur in elf Staaten kommen, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.
Kommt eine abgespeckte Version der Steuer?
Das Vorhaben der Europäer ist komplex. Es soll sicherstellen, dass Investoren ihre Finanzgeschäfte nicht verlagern können, um der Steuer zu entgehen. Die Abgabe - 0,1 Prozent bei Handelsgeschäften mit Aktien oder Anleihen und 0,01 Prozent für Transaktionen mit Derivaten - würde sowohl bei Käufern oder Verkäufern fällig, sofern einer von beiden seinen Sitz in einer der steuerpflichtigen Ländern hat oder wenn das Wertpapier in einem dieser Länder aufgelegt wurde.
Da bisher immer noch keine Einigung über Grundsatzfragen erzielt wurde, scheint eine abgespeckte Steuer auf den Handel von Aktien derzeit greifbarer. Die Steuer könnte später dann noch ausgeweitet werden. Eine erste Einigung wäre somit vergleichbar mit der sogenannten "Stamp Duty" in Großbritannien, wo lediglich eine Abgabe auf Aktienverkäufe erhoben wird, bei denen die Unternehmen auf der Insel auch ansässig sind.
"Es gibt eine gewisse Tendenz, Schritt für Schritt vorzugehen", sagte ein EU-Vertreter. Eine Sprecherin der Kommission sagte, es sei unwahrscheinlich, dass Mitgliedstaaten die Vorschläge der Behörde ganz genau übernähmen. Sie ermahnte die Staaten aber auch, jede Änderung genau auf ihre Auswirkungen hin zu überprüfen.
Sollte der Geltungsbereich der Steuer reduziert werden, würden nämlich die Einnahmen nicht in dem Maße fließen, wie es sich die Kommission erhofft. Bis zu 35 Milliarden Euro Einnahmen soll die Steuer in der vorgeschlagenen Variante einbringen.
Marktbeobachter raten aber zur Zurückhaltung, möglicherweise sei diese Schätzung zu optimistisch. Sie verweisen auf vergleichbare Programme in Frankreich oder Ungarn, wo die Einnahmen deutlich unter den Erwartungen zurück geblieben sind.
So rechnet Paris in diesem Jahr bei ihrer Transaktionssteuer mit Einnahmen von nur 600 Millionen bis 800 Millionen Euro. Nach aktueller Haushaltsplanung hat Frankreich allerdings mit 1,6 Milliarden Euro wesentlich mehr eingeplant.
Im Vergleich zu der Abgabe in Großbritannien ist die Steuer in Frankreich allerdings auch begrenzter. Sie wird lediglich auf Geschäfte mit Aktien von Unternehmen erhoben, die in Frankreich gelistet sind und eine Marktkapitalisierung von mehr als 1 Milliarde Euro haben.
(Den Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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May 31, 2013 07:10 ET (11:10 GMT)
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