17.05.2013 20:14:30

E.ON will groß werden im Geschäft mit Kleinstkraftwerken

   Von Hendrik Varnholt und Jan Hromadko

   E.ON schrumpft die eigenen Maßeinheiten, damit der Gewinn bald wieder wächst. Der Versorger will groß werden im Geschäft mit Kleinstkraftwerken: Hervé Touati, der Chef der neuen Konzerntochter Connecting Energies, soll den Strom kilowattweise produzieren und verkaufen - und E.ON damit die Marktführerschaft in der Zeit nach den Gigawatt-Meilern sichern. Bislang hat er nur einen Kunden. Doch Touati sieht die Chance auf mehr: Im Jahr 2020 werden europäische Energieunternehmen operativ 10 Milliarden Euro mit dezentralen Energielösungen für Unternehmenskunden verdienen, schätzt er im Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland.

   Touatis erster Kunde ist der Handelskonzern Metro. In deutschen und russischen Supermärkten des Unternehmens will E.ON von Juni an Strom für das Licht und die Kühltheke produzieren. Nebenbei sollen die Gaskraftwerke im Container-Format Wärme für die Heizung abwerfen, wie E.ON berichtet. Ihre Leistung liegt bei 250 bis 800 Kilowatt. In Russland würden die Märkte damit sogar unabhängig von den regionalen Stromnetzen. Der Energiekonzern hat die Anlagen an Metros Bedürfnisse angepasst, er finanziert und wartet sie außerdem. Touati fasst das so zusammen: "Wir verkaufen keine Produkte. Wir lösen Probleme."

   E.ON hat guten Grund, es den Kunden so einfach wie möglich zu machen. Der Konzern ist wie viele Konkurrenten gezwungen, sich neue Einnahmequellen zu suchen und setzt nun auf den Boom der dezentralen Versorgung. In der Energiewende nämlich sind die Großkraftwerke die Verlierer. Sie sind immer seltener in Betrieb, weil Ökostrom vor allem aus Solar- und Windkraftanlagen zeitweise im Überfluss in das Netz strömt. Noch dazu müssen die Konzerne bald auf ihre wichtigsten Gewinnbringer, die Atomkraftwerke, verzichten. Die Energiewende kostet E.ON so jedes Jahr mehrere 100 Millionen Euro.

   Auch für die Kunden der Versorger mache es Sinn, sich ein Kraftwerk ins Haus zu holen, behauptet Touati: Schon mit einfachen Anlagen ließen sich die Kosten um 5 bis 10 Prozent senken. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Umlage für Erneuerbare Energien. Der Metro-Konzern etwa spart sich den Aufschlag auf den Strom, wenn er seine Elektrizität im eigenen Haus produzieren lässt. Zudem dienen die Kleinkraftwerke in der Regel auch als Heizung oder Kühlaggregat. Ihre Abwärme geht nicht verloren.

   Touati sucht deshalb Kunden mit großem Heiz- oder Kühlbedarf. Unternehmen aus der Lebensmittelindustrie böten sich an, sagt er: Brauereien genauso wie Schokoladenfabriken. Privatkunden stünden für sein Unternehmen dagegen nicht im Fokus - jedenfalls nicht im Moment.

   E.ON, so klingt das, hat in der dezentralen Energieversorgung noch zu lernen. Matthias Kabus, Experte bei der Energieagentur Nordrhein-Westfalen, sagt denn auch: "Großversorger wie E.ON haben den Trend zur dezentralen Energieversorgung erst sehr spät für sich entdeckt." Kleinere Konkurrenten seien ihnen auf dem Markt voraus. Und dennoch: "Die Großen haben Wettbewerbsvorteile, zum Beispiel beim Einkauf von Brennstoff."

   Touati will die Vorteile nutzen. Dezentrale Energielösungen seien das am schnellsten wachsende Segment der Energiebranche, sagte er. Jährlich würden in Europa Kraft-Wärme-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 2 Gigawatt neu installiert. Das Marktpotenzial sei groß, berichtet auch Claudia Kemfert, die Energiexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Kraft-Wärme-Kopplung habe derzeit einen Marktanteil von 15 Prozent. Die Bundesregierung wolle ihn bis zum Jahr 2020 auf ein Viertel steigern.

   Dezentrale Energielösungen könnten trotzdem kaum das traditionelle Kerngeschäft der Versorger ersetzen, sagt Energiefachmann Thomas Kästner vom Wirtschaftsprüfungskonzern Ernst & Young. Das behauptet auch Touati nicht. Trotzdem spricht er schon über mehr als nur das Kilowatt-Geschäft: Dezentrale Anlagen ließen sich zu virtuellen Kraftwerken vernetzen, sagt er.

   Um ein Atomkraftwerk zu ersetzen, muss Touati allerdings rund 5.000 Mini-Gaskraftwerke in der Größe der Metro-Anlagen installieren.

   Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@dowjones.com

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   May 17, 2013 13:44 ET (17:44 GMT)

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