14.05.2013 13:51:00
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Erstmals schuldet das Ausland Österreichern mehr als umgekehrt
Erstmals seit die Daten aufgezeichnet werden, ist die österreichische Volkswirtschaft gegenüber dem Rest der Welt Nettogläubiger. Wer uns diesen Saldo schuldet, ist freilich nicht zuzuordnen. "Bei 830 Milliarden verläuft sich das", sagte der Chefstatistiker der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Johannes Turner, am Dienstag bei einem Pressegespräch mit OeNB-Direktor Andreas Ittner in Wien.
Entscheidend für diesen "historischen Moment" war, dass die Leistungsbilanz seit mehr als zehn Jahren stabil Überschüsse erzielte und damit Kapitalexporte verblieben, allerdings spielten auch Bewertungseffekte mit. Laut Notenbank gehören von 182 Ländern weltweit nur 40 Länder dem Kreis der Gläubigerländer an. Denen stehen 100 Schuldnerländer gegenüber. Vom Rest liegen keine verlässlichen Daten vor.
Österreichs Aktiva und Passiva im Ausland liegen beim Fünfeinhalbfachen des BIP. Seit Ausbruch der Finanzkrise, also seit 2009, ist diese Internationalisierungsquote jedoch leicht rückläufig.
Ausländische Direktinvestoren zeigten Österreich vergangenes Jahr größtenteils die kalte Schulter, bedeutende Neu-Investments sind selten. Getragen waren die Direktinvestitionen großteils von konzerninternen Krediten (also bestehenden Beteiligungen) und reinvestierten Gewinnen. Unter den wichtigsten "Direktinvestitionen" war 2012 der ÖVAG-krisenbedingte Verkauf der ÖVAG-Auslandstöchter (VBI an Sberbank) und der Einstieg des mexikanischen Telekommunikations-Moguls Carlos Slim in der Telekom Austria.
In die andere Richtung hatte der Ausbau der Verbund-Aktivitäten 2012 die Türkei an die Spitze der Neuinvestitionen gepusht. Mittlerweile wurde aber bereits wieder der Ausstieg und ein Abtausch der Verbund-Beteiligung gegen Kraftwerke der E.ON beschlossen. Diese Transaktion fällt aber erst ins heurige Jahr.
Rezession in weiten Teilen des Kontinents und mäßige Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft dämpften die Investitionsfreude. Insgesamt lagen aktive und passive Direkt-Investitionsströme 2012 unter Vorjahresniveau. Die Notenbank ermuntert österreichische Unternehmen, namentlich die Finanzindustrie, zu weiteren Investitionen im Osten. Österreich habe es sehr wohl in der Hand, in dieser Region das Wachstum anzukurbeln, meinte Ittner. Wenn auch nicht um jeden Preis.
Ungeachtet dessen sprudelten zuletzt die Dividendenströme in beide Richtungen: Österreichs Direktinvestoren kassierten 2012 rund 8 Mrd. Euro von ihren ausländischen Töchtern und Beteiligungen. Österreichs Firmen schütteten wiederum 7 Mrd. Euro an ihre ausländischen Eigentümer aus. Das waren neue Rekordstände. Und das lässt die Nationalbank zumindest "eine günstige Ertragssituation vermuten".
Ansonsten verlief der grenzüberschreitende Kapitalverkehr weiter im Schatten der Krise. Mit Ausnahme der Direktinvestitionen "holten österreichische wie auch internationale Investoren ihr Kapital per saldo aus dem Ausland zurück", schreibt die Notenbank.
In Summe hat Österreich 2012 wieder einen Leistungsbilanzüberschuss verbucht. Das Plus fiel laut Nationalbank mit 5,5 Mrd. Euro oder 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2012 noch höher aus als im Jahr davor (+ 4,1 Mrd. Euro).
Das neuerliche Defizit in der Handelsbilanz (Güterdefizit: 7 Mrd. Euro) wurde durch einen hohen Dienstleistungsüberschuss überkompensiert. Im Reiseverkehr gab es das zweitbeste Nettoergebnis der Geschichte: Einnahmenüberschuss von 6,8 Mrd. Euro. Immer wichtiger für die heimische Tourismusindustrie werden Russen und Chinesen. Die Nächtigungszahlen russischer Gäste legen zweistellig zu, und Chinesen sind in den Nächtigungsstatistiken schon fast so bedeutend wie die Japaner.
(Grafik 0635-13-Konjunktur.ai, Format 88 x 75 mm) (Schluss) rf/phs
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