26.04.2013 19:30:30
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Spekulationen auf EZB-Zinssenkung
Von Hans Bentzien
Wenn EZB-Chefvolkswirt Peter Praet am Donnerstag im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) zu seinem monatlichen Vortrag schreitet, dann wird er ein trostloses Bild der Konjunkturlage im Euroraum zeichnen: Die Einkaufsmanagerindizes liegen tief im rezessiven Bereich, französisches und deutsches Geschäftsklima sind weiter gefallen, die Kreditvergabe kommt nicht in Gang. Immerhin - auch der Inflationsdruck ist weiter gesunken. Warum nicht die Zinsen senken? An den Finanzmärkten wäre die Enttäuschung wohl groß, wenn es nicht so liefe - auch wenn es in der Sache vielleicht nichts bringt.
Eine Senkung des Hauptrefinanzierungssatzes von 0,75 auf 0,50 Prozent würde der Realwirtschaft vermutlich wenig bis gar nichts bringen. Angesichts einer Inflationsrate von 1,7 Prozent ist der Realzins negativ, was den hoch verschuldeten Eurozone-Staaten ganz recht ist. Auf diese Weise lassen sich die Schuldenberge leichter abbauen, freilich zu Lasten der Sparer. Nach Veröffentlichung des enttäuschenden ifo-Index für April stieg der Bund-Future in dieser Woche bis kurz unter sein Allzeithoch. Deutschland muss für neue Schulden so gut wie nichts mehr zahlen.
Wem noch niedrigere Zinsen ebenfalls nützen könnten, wären die Banken. Sollte die EZB tatsächlich zu einer Zinssenkung schreiten, würden wohl nur die Ausleihzinsen reduziert, nicht aber der schon bei Null liegende Einlagenzins. Dadurch würde der ohnehin verengte Zinskanal noch schmaler, was gut für die Bankbilanzen wäre. Nicht zu vergessen die Milliarden, die sich viele Banken auf drei Jahren geliehen haben - sie würden auf diese Weise noch einmal billiger werden.
Aber die Realwirtschaft hätte davon kaum etwas, wie die EZB selbst einräumt: Das Signal würde bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen an der Euro-Peripherie nicht ankommen. Ein italienisches Unternehmen zahlt für einen Kredit 6 Prozent, wenn es denn überhaupt einen bekommt. Und dass das so ist, liegt nicht daran, dass bei den Banken das Geld knapp ist. Die Banken schauen wie gute Kaufleute das tun auf die Kreditrisiken. Und die sind auch deshalb so hoch, weil die Unsicherheit hoch ist und die Konjunktur schlecht. Womit sich die Katze in den Schwanz beißt.
Und eine Auswirkung hätten niedrigere EZB-Zinsen wohl noch: Der Euro-Außenwert würde ein wenig sinken. Die EZB würde im Abwertungswettlauf der Zentralbanken, der keiner sein soll, einen längst überfälligen Schritt nachholen.
Weitere Maßnahmen sind denkbar. So könnte die Zentralbank versuchen, die Verfügbarkeit von Krediten über eine nochmalige Lockerung der Repo-Sicherheitenregeln zu verbessern. Das Kalkül dabei könnte sein, dass Banken vielleicht doch mehr Kredite vergeben, wenn sie auch Kredite an Kleinunternehmen verbriefen und zur Schöpfung weitere Kredite bei der EZB einreichen können. Experten diskutieren darüber hinaus eine abermalige Senkung der Mindestreserveanforderungen, die weitere Liquidität freisetzen würde.
Alles in allem hat sich die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung deutlich verstärkt. Es kann aber sein, dass die EZB noch nicht im Mai handelt, sondern erst im Juni. Dann könnte sie einen solchen Schritt mit nochmals gesenkten Wachstums- und Inflationsprognosen begründen.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
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April 26, 2013 12:56 ET (16:56 GMT)
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