04.04.2013 14:31:30

Deutsches Finanzministerium erwartet Weitergabe von Steueroasen-Daten an Behörden

   Von Andreas Kißler

   BERLIN--Das deutsche Finanzministerium erwartet nach Berichten über geheime Daten zu Geschäften mit Steueroasen nun eine Weitergabe der Dokumente an die zuständigen Steuerbehörden und eine Einleitung entsprechender Verfahren. Die Staatsanwaltschaften würden um Überlassung der entsprechenden Listen ersuchen, meinte der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler. Die SPD forderte, das Thema dringend auf die Tagesordnung der EU zu setzen.

   "Wir gehen davon aus und begrüßen es, wenn nunmehr die relevanten Unterlagen an die zuständigen Steuerbehörden der Länder übermittelt werden, damit diese zügig ihre Ermittlungen aufnehmen können und daran anschließend dementsprechende Verfahren einleiten können", sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus. "Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaften bei den Medien anfragen und um Überlassung der Listen bitten", erklärte Eigenthaler.

   Hintergrund sind weltweite Medienberichte über bislang vertrauliche Daten, die geheime Wege von Kapital über Briefkastenfirmen und so genannte Trusts in Steuerparadiese nachzeichneten. In den anonym bereitgestellten Unterlagen würden 130.000 Personen aus mehr als 170 Ländern aufgelistet, darunter auch hunderte Deutsche, berichtet die Süddeutsche Zeitung, die die Informationen nach eigenen Angaben verifiziert und monatelang ausgewertet hat.

   Schäubles Sprecher erklärte, das Finanzministerium habe "Kenntnis von der breiten Berichterstattung über einen internationalen Ring zum Zweck der Steuerhinterziehung genommen". Bisher hätten die Medien dazu aber noch keinen Kontakt mit dem Ministerium aufgenommen.

   Auch Unions-Fraktionsvize Michael Meister forderte eine Weitergabe der Daten an die Behörden. "Es wäre nun hilfreich, wenn die Unterlagen möglichst schnell an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergegeben würden", sagte er. "Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, müssen strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden", forderte er. International tätige Personen und Unternehmen nutzten das teilweise mangelhafte Zusammenspiel verschiedener Steuergesetze aus, um Steuern zu hinterziehen. Es könne aber nicht sein, "dass sich einige zu Lasten der Allgemeinheit ihrer Steuerpflicht entziehen".

   Kotthaus und Meister betonten die Bemühungen der Koalition in diesem Bereich. "Das Bundesfinanzministerium hat das Thema Steueroasen und Steuervermeidungsstrategien insgesamt in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus genommen", betonte Schäubles Sprecher. Davon zeugten nicht zuletzt eine Vielzahl neuer oder verbesserter Steuerabkommen mit Drittstaaten, wie beispielsweise anlässlich eines Besuchs Schäubles im Oktober in Singapur, Aktivitäten in den internationalen Gremien, aber auch Ansätze wie eine gemeinsam mit den USA, Großbritannien und Frankreich im Rahmen der OECD verfolgte Initiative.

   Meister sagte, der deutsche Gesetzgeber habe bereits viele Maßnahmen ergriffen, um internationale Steuerhinterziehung zu verhindern. Die Problematik gehe jedoch weit über diese Möglichkeiten hinaus. Deshalb seien international abgestimmte steuerliche Regelungen und Standards erforderlich. "Der Druck auf die Steueroasen muss weiter erhöht werden", verlangte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef. "Bei Zufallsfunden können wir nicht stehen bleiben."

   Die SPD rief Schäuble dazu auf, den Kampf gegen Steueroasen bereits bei anstehenden EU-Beratungen zu forcieren. "Finanzminister Schäuble ist aufgefordert, sich auch im Ecofin-Rat für Wirtschaft und Finanzen dafür einzusetzen, das Thema Steueroasen ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Auch innerhalb der Eurozone gebe es "steuerliche Lockangebote", die dieses System erst möglich machten.

   "Es geht nicht nur um entlegene außereuropäische Gegenden wie Panama und die Cayman Islands", betonte Poß. Die Enthüllung aufwendiger Systeme zur Steuervermeidung und -hinterziehung bestätige eindrucksvoll die Größe des Problems. Umso wichtiger sei es, dass der Zeitplan der OECD eingehalten werde, bis Juli konkrete Handlungsempfehlungen im Kampf gegen Steueroasen vorzulegen.

   Gewerkschafts-Chef Eigenthaler schätzte, insgesamt lägen 400 Milliarden Euro unversteuertes Geld von Deutschen in Steueroasen. "International ist es ein Billionenproblem", meinte er. Dem deutschen Fiskus entgingen jährlich Steuern "im zweistelligen Milliarden-Bereich". Er forderte schärfere Prüfungen durch die deutschen Behörden, denen es aber dafür an Personal mangele. "Wir als Steuergewerkschaft stellen seit Jahren fest, dass etwa der Bereich der so genannten Einkommensmillionäre, also der Reichen, bei der Betriebsprüfung sträflich vernachlässigt wird."

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com

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