19.03.2013 13:52:00

Zypern - Handelsdelegierter: Nicht auf jedem Konto liegt Schwarzgeld

Zypern gilt wegen seiner laschen Finanzvorschriften als Zufluchtsort für Steuersünder. Der Bankensektor ist aufgeblasen, über 40.000 Briefkästen sind auf der Insel registriert. Aber es sind nicht nur russische Oligarchen, die ihr Geld dort deponiert haben. Auch österreichische Firmen nutzen die Steuervorteile. Rund 100 Austro-Unternehmen haben einen Sitz in Zypern, die heimischen Direktinvestitionen belaufen sich laut AußenwirtschaftsCenter Athen auf mehr als 3 Mrd. Euro.

"Ich wehre mich gegen die Vorstellung 'Konto in Zypern ist gleich Schwarzgeld und Geldwäsche'", sagte der Wirtschaftsdelegierte für Griechenland und Zypern, Bruno Freytag, am Dienstag im Gespräch mit der APA. Neben den günstigen steuerlichen Bedingungen - die Körperschaftssteuer beträgt nur 10 Prozent - sei es auch das angenehme Klima, das Ausländer anziehe. "Es gibt sehr viele Russen und Engländer, die den Großteil des Jahres dort verbringen", so Freytag. "Einmal einen Winter in Moskau verbracht, fährt man lieber nach Zypern."

Auch einige Österreicher lebten zumindest teils in Zypern. Die Austro-Unternehmen mit Töchtern in Österreich machen freilich auf der Insel selbst keine Geschäfte. Laut Freytag handelt es sich dabei aber nicht nur um Banken. "Es können IT-Firmen sein oder Immobilienfirmen." Auch Unternehmen aus anderen Ländern mit Sitz in Zypern seien nicht ausschließlich Offshore-Finanzvehikel. Da wären zum Beispiel deutsche Reeder, die mit zypriotischer Flagge unterwegs sind, oder US-Unternehmen, die im Nahen Osten aktiv sind, so Freytag.

Die zypriotische Wirtschaft ist stark dienstleistungsorientiert. 81 Prozent des BIP kommen aus dem tertiären Bereich, die wichtigsten Wirtschaftssektoren sind neben dem dominanten Finanzwesen der Tourismus, die Schifffahrt und der Handel.

Kaum eine Rolle spielt dagegen die Exportwirtschaft. 2011 lag die Exportquote laut WKÖ-Außenwirtschaft bei nur 7,9 Prozent. Der mit Abstand wichtigste Handelspartner ist Griechenland, dahinter folgen Großbritannien, Deutschland und Italien sowie aus dem Nicht-EU-Raum der Libanon und Israel.

Dementsprechend eine untergeordnete Bedeutung hat Zypern auch für Österreichs Außenwirtschaft. "Es steht im Export an 69. Stelle", so Freytag. 2012 beliefen sich die Lieferungen von Österreich nach Zypern auf 100,6 Mio. Euro, ein Rückgang von knapp 19 Prozent. Ein großer Teil davon entfällt auf Schiffe eines zypriotischen Reeders, die im Ausland repariert werden. Umgekehrt hat Österreich im Vorjahr Waren im Wert von nur 16,2 Mio. Euro aus Zypern bezogen.

Die Zerwürfnisse der vergangenen Tage über die Zwangsabgabe der zypriotischen Bankkunden haben auch den österreichischen Wirtschaftsdelegierten empört. "Ich bin wirklich entsetzt, wie Entscheidungen getroffen werden, wie derart leichtfertig das Vertrauen verspielt wurde", sagte Freytag. Aus seiner Sicht war es ein "großer Fehler", Spareinlagen bis 100.000 Euro besteuern zu wollen. Auch, wenn die Regierung jetzt zurückrudert und Kleinsparer doch schonen will, seien die Auswirkungen bereits jetzt fatal, und zwar weit über Zypern hinaus. "Der Schaden ist getan. Es geht um das Image, dass mein Geld nicht mehr sicher ist vor dem Zugriff des Staats", so Freytag.

Dennoch glaubt er nicht, dass Großinvestoren jetzt sofort von dannen ziehen. "Wenn ein Cut stattfindet, eine Besteuerung, dann werden das die Unternehmen akzeptieren." Sie würden erkennen, dass sie auch weiterhin Steuervorteile haben, auch wenn diese nicht mehr so groß seien. Im Vergleich zu Griechenland, "wo Unternehmer Sondersteuer zahlen mussten, wo Gehälter und Pensionen gekürzt werden", hielte Freytag die zypriotische Maßnahme prinzipiell für "viel vernünftiger - aber nicht so, wie sie gemacht wurde."

Einen wirklichen "Bankrun" von Sparern fürchtet der Wirtschaftsdelegierte nicht. "Einige Kleinanleger werden sicherlich auf die Bank rennen. Aber wenn sich die Lage beruhigt, werden sie es zurückgeben."

(Schluss) snu/tsk

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