17.03.2013 18:19:30

Nervöser Börsenstart nach Zypern-Rettung erwartet

   Von Hans Bentzien

   Ökonomen sehen die erstmalige Beteiligung privater Sparer an der Rettung eines Euro-Landes - Zyperns - kritisch und rechnen für den Montag mit einem nervösen Handelsstart an den Börsen. Eine unmittelbare Kapitalflucht aus den Ländern der Euro-Peripherie erwarten sie jedoch nicht. Die dürfte die Zusage der Europäischen Zentralbank verhindern, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen.

   Was die Ökonomen kritisch sehen: Sparer mit Guthaben von unter 100.000 Euro zahlen eine einmalige Abgabe von 6,75 Prozent, ab 100.000 Euro sind sie mit 9,90 Prozent dabei. Auf den ersten Blick und kurzfristig hat das nichts mit anderen Ländern Südeuropas zu tun. Auf den zweiten Blick dagegen schon.

   "Auf diese Weise wird das politische Problem in Deutschland auf Kosten künftiger Bank-Runs in anderen Eurozone-Ländern gelöst", twitterte der bekannte Ökonom Paul De Grauwe. "Das könnte bei den Bürgern anderer Krisenländer die Befürchtung auslösen, dass auch ihre Guthaben gefährdet sind", merkte auch der Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in einem Kommentar an.

   Gleichwohl glaubt Krämer nicht, dass die Sparer in anderen Peripherieländern ihre Guthaben jetzt massenhaft auflösen. Erstens sei Zypern mit seinem überdimensionierten Bankensystem, dem hohen Anteil ausländischer Anleger und laxen Geldwäscheregeln erkennbar ein Sonderfall. Und zweitens habe auch die seit Wochen anhaltende Diskussion über einen möglichen Beitrag der Sparer zur Rettung Zyperns keine größeren Abflüsse verursacht.

   Noch unsicher, ob Rettungspaket durch das Parlament kommt

   Allerdings will der Commerzbank-Chefvolkswirt nicht ausschließen, dass die Märkte am Montag nervös eröffnen werden - vor allem deshalb, weil nicht völlig sicher ist, ob die knappe Parlaments-Mehrheit der Regierung reichen wird, um die notwendigen Gesetze durchzubringen.

   Holger Schmieding, der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, fühlt sich durch die Vorgänge in Zypern an die Rettung Griechenlands Mitte 2011 erinnert. Gegen den Rat der EZB habe Deutschland damals darauf bestanden, dass private Anleihegläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten. "Als Deutschland sich damit durchsetzte, war das Ergebnis eine Ansteckung Spaniens und Italiens durch das kleine Griechenland", warnte Schmieding.

   Schmieding betrachtet die Operation der Europäer am zyprischen Bankensystem daher als riskant und als einen Schritt auf unbekanntes Territorium, vor allem angesichts einer nicht handlungsfähigen italienischen Regierung. Allerdings gibt es aus seiner Sicht im Vergleich zur damaligen Situation einen wichtigen Unterschied: Das EZB-Staatsanleihekaufprogramm OMT. Das ist zwar noch nicht aktiviert, ermöglicht aber prinzipiell unbegrenzte Staatsanleihekäufe. "Da die Märkte und die Anleger wissen, dass dieses Sicherheitsnetz existiert, werden sie sich wahrscheinlich ruhig verhalten", argumentierte Schmieding.

   Bankensturm ist unwahrscheinlich

   Auch Antonio Garcia Pascual und Laurent Fransolet von Barclays Capital halten die Wahrscheinlichkeit eines Bankensturms in anderen südeuropäischen Ländern, darunter Griechenland, für begrenzt. Erstens seien die Banken in diesen Ländern heute viel besser kapitalisiert als zwischen 2010 und 2012. Zweitens habe die EZB sehr reichlich Liquidität zur Verfügung gestellt und zugesagt, alles Notwendige für das Fortbestehen des Euro zu tun.

   Auch die Barclays-Ökonomen glauben, dass die Verhältnisse in Zypern so speziell sind - zum Beispiel der Anteil von Ausländern an den Bankeinlagen von 37 Prozent -, dass Anleger in anderen Ländern keine Parallelen zu ihrem eigenen Land ziehen werden. "So wie Griechenland ein Einzelfall im Euroraum in Bezug auf die Restrukturierung von Staatsanleihen war, so ist Zypern ein Einzelfall im Hinblick auf die Einbeziehung der privaten Sparer", meinen sie.

   Die Marktreaktionen am Montag werden zeigen, ob sie recht behalten. In Zypern und Griechenland wird dagegen künstliche Ruhe herrschen. Dort haben die Banken wegen eines Feiertages geschlossen.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab/kla

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