15.03.2013 06:38:33

EU macht Jugendarbeitslosigkeit zum Krisenthema

   Von Matthew Dalton und Geoffrey T. Smith

   BRÜSSEL--Rücken die EU-Regierungen langsam von ihrem Sparkurs ab? Bei ihrem laufenden Gipfeltreffen in Brüssel haben die europäischen Staats- und Regierungschefs zumindest einen neuen Ton angeschlagen. Sie sagen jetzt der Arbeitslosigkeit den Kampf an - ein hehres Ziel angesichts der schrumpfenden Wirtschaftsleistung und zum Teil rekordhohen Arbeitslosenrate in vielen EU-Staaten.

   Das harte Spardiktat hat mit dazu beigetragen, dass sich die Wirtschaft der EU nun schon zum sechsten Quartal in Folge abflaut. Aber die Mitgliedstaaten sind gespalten: Während eine Reihe nordeuropäischer Länder um Deutschland den eingeschlagenen Pfad der Defizitkürzungen beibehalten will, pochen vor allem die stark kriselnden Mittelmeerländer unter Führung Frankreichs darauf, die bisherige Politik zu überdenken.

   Am Donnerstag machte Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine Leitfigur in der europäischen Spardebatte, einen ihrer bisher stärksten Kommentare. Sie stellte sich offen hinter neue Maßnahmen gegen die europäische Arbeitslosenkrise, die vor allem Jugendliche betrifft.

   "Wir haben uns eine Priorität gesetzt, und das ist der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit", sagte Merkel vor Beginn des Gipfeltreffens. "Das Geld ist da und jetzt muss das Geld zu den Menschen kommen, damit die jungen Menschen in Europa Jobs bekommen."

   Die Europäische Kommission hat Spanien, Griechenland und Portugal angesichts der düsteren Wirtschaftslage schon mehr Zeit eingeräumt, um ihre Defizitziele zu erreichen. In den nächsten Monaten könnte sie auch Frankreich und den Niederlanden noch ein solches Zugeständnis machen.

   Portugal und Spanien könnten weitere Erleichterungen von der Kommission bekommen, nachdem sich herausgestellt hat, dass sie selbst die gelockerten Zielvorgaben kaum einhalten können. Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen wird es in all diesen Ländern auch weiterhin geben - nur werden diese eben langsamer stattfinden.

   Die Öffentlichkeit macht zusätzlich Druck. In den am schwersten getroffenen Ländern wie Spanien, Griechenland, Frankreich, Portugal und Irland, wo die Arbeitslosenquoten teils in den zweistelligen Prozentbereich geschossen sind, wächst die Unzufriedenheit der Bürger.

   Wähler haben eine Regierung nach der anderen abgewählt. Zuletzt sah sich der von den EU-Behörden installierte Chef der italienischen Technokratenregierung, Mario Monti, mit seiner Politik des Sparens und der "strukturellen Reformen" auf dem Abstellgleis: Er erhielt gerade einmal 10 Prozent der Wählerstimmen bei der Parlamentswahl im Februar. Nun erstarken die Rufe nach einer Umkehr seiner Politik.

   "Ich würde davor warnen, die Auswirkungen des Wahlausgangs in Italien nicht zu unterschätzen", sagte der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schultz während des Gespräche am Donnerstag.

   Europa riskiere eine "gesellschaftliche Rebellion", wenn die Wirtschaft nicht wieder anziehe und beginne, Arbeitsplätze zu schaffen, sagte der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker. "Ich bin für Disziplin, [aber] Konsolidierung darf kein Wachstum verdrängen", sagte er weiter und forderte "einen neuen Schnittpunkt zwischen Konsolidierungspolitik und stark benötigter Wachstumspolitik".

   Die EU hat bereits angekündigt, mit dem Gemeinschaftsetat ein neues "Garantieprogramm" zu finanzieren, das in Regionen mit einer Jugendarbeitslosenrate von mehr als 25 Prozent zum Einsatz kommen soll. Dieses soll sicherstellen, dass alle Jugendlichen unter 25 Jahren innerhalb von vier Monaten nach dem Schulabschluss oder nach einer Kündigung einen Arbeitsplatz, eine Weiterbildung, eine Ausbildung oder ein Praktikum bekommen.

   Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt, dass die Kosten eines solchen Programms für 17 EU-Staaten bei 21 Milliarden Euro liegen würden. Die EU hat in ihrem nächsten Sieben-Jahres-Finanzplan ganze 6 Milliarden Euro für die Initiative vorgesehen.

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   March 15, 2013 01:08 ET (05:08 GMT)

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