13.03.2013 16:55:30
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UPDATE: Schäuble preist Bundeshaushalt als Vorbild für Europa
--Bund peilt 2014 strukturell ausgeglichenen Haushalt an
--Schäuble: Budgetplan soll Signal an Europa senden
--Opposition spricht von Augenwischerei
(NEU: komplett neu durchgeschrieben)
Von Andreas Kißler
BERLIN--Mit einem strukturell ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2014 will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Deutschland zum Vorbild in Europa machen. Sein am Mittwoch vorgestellter Haushaltsplan für kommendes Jahr erfüllt eine Vorgabe der Koalitionsspitzen zum Budgetausgleich und soll ein Signal für Budgetkonsolidierungen auch in anderen europäischen Ländern aussenden.
Der Finanzminister zog den Budgetbeschluss im Kabinett deshalb eigens um eine Woche vor. Die Regierung kann nun damit beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel punkten, bei dem es vor allem um Fragen des Wachstums geht. Doch von der Opposition erntete der Finanzminister herbe Kritik, und auch Volkswirte warfen ihm vor, nicht ehrgeizig genug voranzugehen.
Schäuble selbst sieht das naturgemäß nicht so. "Das ist ein starkes Signal an Europa, und deswegen war es uns wichtig, das heute schon zu beschließen", sagte er. "Diese Eckwerte belegen, dass konsequentes und nachhaltiges Haushalten und Wachstum sich nicht gegenseitig ausschließen." Und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der den Beschluss gemeinsam mit Schäuble präsentierte, sah darin gar eine "Leistung von historischem Ausmaß". Dank der Politik "wachstumsfreundlicher Konsolidierung" sei Deutschland Vorreiter in Europa. "Die Welt beneidet uns um unsere Erfolge."
Doch die Opposition sparte nicht mit Kritik an der Regierung. "Der Eckwertebeschluss zum Haushalt 2014 ist Augenwischerei", sagte die Grünen-Budgetexpertin Priska Hinz. "Die Bundesregierung verspielt mit dem Eckwertebeschluss die Chance, die Neuverschuldung in Zeiten historisch guter Rahmenbedingungen dauerhaft und strukturell zu senken." Neben "Taschenspielertricks, der Plünderung der Sozialversicherungen und der Mitnahme von Konjunktureffekten" leiste sie leider gar keine eigenen Konsolidierungsbeiträge.
Nach dem am Mittwoch getroffenen Beschluss plant der Bund für 2014 eine Nettokreditaufnahme von 6,4 Milliarden Euro, was nach Angaben des Finanzministeriums ein strukturell ausgeglichenes Budget bedeutet. Bereinigt um Konjunktureffekte und Zahlungen an den Euro-Rettungsfonds soll der Haushalt im kommenden Jahr kein Defizit mehr ausweisen. Ein Jahr später sollen laut dem Eckwertebeschluss dann überhaupt keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden, und danach sind Überschüsse geplant. 2016 sollen sie bei 5,0 Milliarden und 2017 bei 9,4 Milliarden Euro liegen.
Doch Ökonomen rügten dessen ungeachtet einen zu geringen Ehrgeiz Schäubles. "Es sollte auch möglich sein, Überschüsse zu erwirtschaften, in einer konjunkturell günstigen Phase, wie wir sie für das nächste Jahr erwarten," sagte der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Joachim Scheide.
Denn auch für die nächste Zeit gebe es Unsicherheiten durch die Eurokrise und eventuell wieder steigende Zinslasten. "Da darf man sich nicht reich rechnen", mahnte Scheide. "Deshalb ist es geboten, in solch günstigen Zeiten, wie wir sie derzeit konjunkturell und zinsmäßig haben, etwas ehrgeiziger zu sein."
Auch der ING-Ökonom Carsten Brzeski sagte, man könne "natürlich argumentieren", das Budget hätte ambitionierter sein können. "Es ist ein Mittelweg," konstatierte er. Die Regierung profitiere von einigem Rückenwind durch frühere Reformen und durch die stärkere Wirtschaftslage.
Einen strukturell ausgeglichenen Haushalt hatten die Koalitionsspitzen Ende vergangenen Jahres vorgegeben. Bisher hatte Schäuble in seiner mittelfristigen Planung noch 13,1 Milliarden Euro an neuen Krediten vorgesehen.
Vor allem die niedrigen Zinsen sorgten aber nun für eine deutlich günstigere Planung. "Deutschland genießt auch weiterhin das Vertrauen der Kapitalanleger", betonte das Finanzministerium. Deshalb wurden 4 Milliarden Euro weniger an Zinsausgaben angesetzt. Zudem soll der Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds "mit Blick auf die dort gebildeten Rücklagen" um insgesamt 3,5 Milliarden Euro reduziert werden. 1,5 Milliarden davon hatte Schäuble seinem für die Gesundheitspolitik zuständigen Kabinettskollegen Daniel Bahr (FDP) erst im Zuge der jüngsten Verhandlungen im März abgetrotzt.
Im Budgetplan für 2014 ist zudem eine globale Minderausgabe von 900 Millionen Euro vorgesehen, das heißt Einsparungen in dieser Höhe sollen erst später konkretisiert werden.
Ein Risikofaktor für das Budget könnte in dem eingeplanten Bundesbankgewinn liegen, der mit 2 Milliarden Euro angesetzt ist. Für 2012 hatte die Notenbank wegen höherer Riskovorsorge nur 664 Millionen Euro an Schäuble überwiesen anstatt wie geplant 1,5 Milliarden.
Daraus könnten keine Rückschlüsse für 2014 gezogen werden, sagte ein Ministeriumssprecher. Doch Grünen-Budgetsprecherin Hinz kritisierte, für den kommenden Haushalt sei ein dreimal so hoher Bundesbankgewinn eingeplant worden als in den Vorjahren erreicht worden sei. "Das funktioniert nur, wenn sich die Krise plötzlich in Luft auflöst," sagte sie. Und der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider forderte von Schäuble, er solle "endlich eingestehen, dass die Krise auch Deutschland und den Bundeshaushalt betrifft."
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com
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March 13, 2013 11:24 ET (15:24 GMT)
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