12.03.2013 13:23:00

Handelsdelegierter: "China ist nicht mehr die Werkbank der Welt"

Billige Arbeitskräfte und niedrige Produktionskosten - dafür war die Volksrepublik China bekannt. Seit sich diese Bedingungen ändern und Löhne sowie Kosten steigen, ziehen sich immer mehr Unternehmen, insbesondere aus der Textil-, Schuh- und Sportartikelbranche, aus dem asiatischen Land zurück und verlagern ihre Produktion in andere Länder. "China ist nicht mehr die Werkbank der Welt", sagte der für China zuständige österreichische Handelsdelegierte, Oskar Andesner, am Dienstag vor Journalisten in Wien.

Die Chinesen hätten den Heimatmarkt für sich entdeckt und produzierten vermehrt fürs eigene Land. Für ausländische Firmen sieht Andesner vor allem Chancen, wenn sie Produkte lokal vertreiben. Absatzchancen gebe es in den Bereichen Infrastruktur, Hochtechnologie, Maschinen- und Anlagenbau, Energie, Umweltschutz und im Dienstleistungsbereich. Erfolgreich in China Fuß gefasst haben aus Österreich unter anderem der Leiterplattenhersteller AT&S, der Faserhersteller Lenzing, der Feuerfestprodukte-Hersteller RHI, der Zulieferkonzern Magna oder der Tiroler Kristallkonzern Swarovski. Auch kleinere Unternehmen wie Tiger Lacke und Haas (Waffelmaschinen) sind im Reich der Mitte vertreten.

Der Energydrink-Hersteller Red Bull wartet seit fast zwei Jahren auf die Zulassung im Hoffnungsmarkt China. Der Wirtschaftsdelegierte ist zuversichtlich, dass der Markteintritt "bald" erfolgt. Gescheitert sei es bisher am lokalen Partner. "Man wollte Red Bull so lange wie möglich vom Markt fernhalten", so Andesner.

Umgekehrt liege Österreich nicht so im Blickfeld der Chinesen, wenngleich es immer wieder große Investments gebe - wie beispielsweise die Übernahme der ehemaligen A-Tec-Tochter ATB Austria Antriebstechnik durch die chinesische Wolong-Gruppe. Großes Potenzial ortet Andesner für den heimischen Tourismus. Etwa 220.000 chinesische Touristen kamen vergangenes Jahr nach Österreich. Eine Verdoppelung der Gästezahlen hält der Handelsdelegierte für realistisch. Derzeit zieht es Chinesen in erster Linie nach Wien, Salzburg und Innsbruck - hauptsächlich zum Shoppen. Designerbekleidung sei in Österreich aufgrund einer Luxussteuer in China um 30 bis 40 Prozent billiger.

In den vergangenen Jahren ist China zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt nach den USA aufgestiegen. "China ist auf dem Weg, die USA zu überholen", sagte Andesner. Wann das passieren soll, darüber gehen die Meinungen aber auseinander. "Das kommt darauf an, wie sich die USA weiterentwickeln." Wirtschaftsexperten erwarten heuer ein Wachstum der chinesischen Wirtschaft von 8 Prozent, manche erwarten noch mehr. Die chinesische Regierung selbst ist zurückhaltender und prognostiziert ein Plus von 7,5 Prozent. Die Schuldenkrise in Europa hat dem Riesen einen Dämpfer verpasst - ist doch die EU Chinas wichtigster Handelspartner.

Auch wenn es immer noch viele Unternehmen nach China zieht, ist ein Investitionsboom zuletzt ausgeblieben. Die ausländischen Direktinvestitionen sind im ersten Halbjahr 2012 um 3 Prozent auf 59,1 Mrd. US-Dollar (45,48 Mrd. Euro) zurückgegangen. "Entgegen des Trends entwickelten sich die österreichischen Investitionen außerordentlich gut", heißt es in dem Außenwirtschafts-Bericht der Wirtschaftskammer. Ende des ersten Halbjahres 2012 lagen diese bei 172 Mio. US-Dollar (132,37 Mio. Euro) und haben sich damit gegenüber dem Vergleichszeitraum 2011 verdoppelt - ein projektbezogenes Wachstum, wie Andesner ausführte.

Für Österreich ist China einer der wichtigsten Exportmärkte. 2012 wurden Waren im Wert von 1,5 Mrd. Euro nach China ausgeführt, ein Plus von 5,3 Prozent. Exportiert werden insbesondere Maschinen und Industrieanlagen, elektronische Produkte und Kraftfahrzeuge. Allerdings wird nach wie vor deutlich mehr importiert: Aus China bezieht Österreich vor allem Elektroartikel, Textilien, Leder sowie chemische Erzeugnisse. Die Importe aus China nahmen im vergangenen Jahr um 7,6 Prozent auf 3,2 Mrd. Euro zu. Das Handelsbilanzdefizit erreichte damit 1,6 Mrd. Euro.

(Schluss) kan/cri

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!