07.03.2013 16:41:31

Frankfurter Ökonom Fecht will Banken vom Tropf der EZB trennen

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT--Seit der Finanzkrise von 2008 hängen die Banken in Europa mit ihrer Geldversorgung weitgehend am Tropf der Europäischen Zentralbank. Untereinander leihen sich die Kreditinstitute immer noch nicht wieder Geld. Ein Frankfurter Finanzökonom fordert die EZB jetzt zu einem Kurswechsel auf, damit der unbesicherte Interbankenmarkt wieder in Gang kommt.

   Die EZB sollte ihre Refinanzierungsgeschäfte mit Banken ab dem nächsten Jahr wieder auf das so genannte Zinstenderverfahren umstellen, sagt Falko Fecht, der gerade seine Antrittsvorlesung als Professor für Financial Economics an der Frankfurt School of Finance & Management gehalten hat.

   Nur wenn Draghi die krisenbedingt beherrschende Rolle der EZB am Geldmarkt zurücknimmt, hat der Geldmarkt der Banken untereinander eine Chance auf Wiederbelebung.

   Fecht sagte in einem Interview, die EZB müsse eine aktivere Rolle einnehmen: "Die EZB darf nicht darauf hoffen, dass erst der Geldmarkt wieder funktioniert und sie sich dann zurückziehen kann, sondern sie muss aktiv in Vorlage treten."

   Tatsächlich gehört die Aussage, der Euroraum-Geldmarkt habe sich schon etwas gebessert, sei aber noch weit entfernt von einer Normalisierung, zum Standardrepertoire der Notenbank.

   Dass die Banken im Euroraum in den zurückliegenden Wochen freiwillig vorfristig Teile ihrer dreijährigen Kredite an die EZB zurückzahlen, deutet aber darauf hin, dass viele Institute die langfristige Liquidität der EZB nicht mehr benötigen.

   Wenn dieser Tilgungsprozess anhält, wird er irgendwann auch zu höheren kurzfristigen Geldmarktzinsen führen. Allerdings dürfte dieser erst erreicht werden, wenn die Überschussliquidität im Bankensystem deutlich gesunken ist. Die EZB sieht als kritische Marke rund 200 Milliarden Euro an, wie Präsident Mario Draghi im Februar andeutete. Commerzbank-Analyst Benjamin Schröder schätzt, dass die Überschussliquidität derzeit bei 404 Milliarden Euro liegt.

   Derzeit läuft die Liquiditätsversorgung der Banken so: Die EZB gibt den Banken so viel frisches Geld zu einem Festzins, wie diese es wollen. Voraussetzung ist nur, dass die Institute über ausreichend Sicherheiten verfügen. Die Anforderungen an diese Sicherheiten sind in der Finanzkrise deutlich reduziert worden.

   Ökonom Fecht plädiert nun für eine langsame Rückkehr zum früheren Zinstenderverfahren. "Ich könnte mir vorstellen, dass die EZB variable Tender wieder zulässt, die eine Zinsobergrenze haben. Und wenn die erreicht wird, gibt es wieder eine Möglichkeit zur Vollzuteilung." Damit, so sagt der Ökonom, würde ein gewisser Korridor geschaffen, in dem sich der Geldmarkt entwickeln kann.

   Beim Zinstenderverfahren geben Banken bei der EZB Gebote über bestimmte Liquiditätsmengen zu bestimmten Zinssätzen ab. Je mehr Zins eine Bank bietet, desto sicherer kann sie sein, den gewünschten Betrag von der EZB auch zu erhalten. So zahlen jene Banken den höchsten Zins, die die EZB-Liquidität am dringendsten brauchen. Gegenwärtig gibt es diesen Wettbewerb nicht.

   Fraglich ist allerdings, ob derartige Vorschläge im EZB-Rat auf Gegenliebe treffen werden. Schließlich hängt so manche südeuropäische Bank vollständig am Tropf der Zentralbank.

   Aber dort gehören sie laut Fecht nicht hin. "Die Rolle, die EZB hier am Geldmarkt eingenommen hat, ist die einer Bail-out-Institution für Banken. Und das ist nicht die Aufgabe der EZB, das wäre eigentlich die Aufgabe eines Rekapitalisierungsfonds", sagte er.

   Spätestens, wenn es einen Bankenrettungsfonds auf europäischer Ebene gibt und eine europäische Bankenaufsicht bei der EZB, so sagt Professor Fecht, muss die Frage geklärt werden, ob die EZB die richtige Institution zur Rekapitalisierung der Banken ist.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

   DJG/hab

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   March 07, 2013 10:11 ET (15:11 GMT)

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