18.02.2013 12:11:30
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Preisverfall bedroht EU-Emissionshandel
Von Sean Carney
Europas Modell zur Begrenzung der Treibhausgase ist existenziell gefährdet. Die dafür ausgegebenen CO2-Zertifikate können ihre steuernde Funktion nicht wahrnehmen. Die Preise für derartige Verschmutzungsrechte sind dramatisch verfallen, der Anreiz für die Industrie, den Ausstoß der Treibhausgase zu begrenzen, sinkt immer weiter. Und die Politik sieht sich derzeit in dem Dilemma, ihre Umweltziele gegen konjunkturelle Sorgen abzuwägen.
Aktuell liegen die Kosten für die Emission einer Tonne Kohlendioxid bei 5 Euro. Das ist ein Drittel dessen, was noch vor anderthalb Jahren für entsprechende Zertifikate zu zahlen war. Längst überdenken Versorger in Deutschland, Tschechien und Polen ihre Pläne, ihre umweltschädlichen Kohlekraftwerke wie geplant vom Netz zu nehmen.
Am Dienstag wird der Umweltausschuss des Europaparlaments über einen Vorschlag abstimmen, dem zufolge die EU-Kommission die Ausgabe von 900 Millionen neuen Emissionszertifikaten um rund fünf Jahre verschieben könnte. Die Verknappung des Angebots soll helfen, einen weiteren Preisverfall zu verhindern und womöglich sogar eine Trendwende einzuleiten.
Um den Emissionshandel ist ein Tauziehen zwischen jenen entbrannt, die sich vor allem um das kurzfristige Wirtschaftswachstum sorgen, und jenen, die darauf drängen, dass die EU ihre langfristigen Umweltziele nicht aus den Augen verliert.
Mitglieder des Europaparlaments haben das Problem diskutiert und nach Kompromissmöglichkeiten gesucht, sagte der Mitarbeiter eines Abgeordneten. Er glaubt, dass die angepeilten Maßnahmen in Umweltausschuss wohl durchgehen werden. Sollte das geschehen, wird das ganze Parlament darüber abstimmen - wahrscheinlich im Frühjahr.
Wenn der Ausschuss den Vorschlag allerdings verwirft, die Zertifikate zunächst zurückzuhalten, und der Plan anschließend auch im Parlament scheitert, dürfte der Preis für Zertifikate wohl unter 1 Euro je Tonne fallen, schätzt man bei Virtuse Group Suisse, einem Händler dieser Zertifikate. Der Markt verlöre damit seine langfristig abschreckende Wirkung.
In den vergangenen fünf Jahren ist der Preis für ein Zertifikat von 28,70 Euro je Tonne zu Beginn der Finanzkrise 2008 auf unter 3 Euro im vergangenen Monat abgestürzt, nachdem der Industrieausschuss des EU-Parlaments die Pläne zu einem Aufschub der Zertifikatausgabe in einer nicht bindenden Abstimmung ablehnte. Ein Grund für die immer geringere Nachfrage nach den Zertifikaten ist die konjunkturbedingt sinkende Industrieproduktion und der entsprechend rückläufige Stromverbrauch. Verschärfend wirkt, dass der Markt schon vorher mit einem Überangebot an Zertifikaten zu kämpfen hatte.
(Den vollständigen Bericht und weitere tiefergehende Meldungen und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)
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February 18, 2013 05:41 ET (10:41 GMT)
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