21.12.2012 13:19:30
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Zypern muss ohne fremde Hilfe über den Jahreswechsel kommen
Von Beate Preuschoff
BERLIN--Entscheidungen über ein Hilfspaket für Zypern sind nach Angaben der Bundesregierung frühestens für das nächste Ecofin-Treffen der Finanzminister am 21. Januar 2013 zu erwarten. Ob ein Schuldenschnitt ein möglicher Teil der Lösung sein wird, wollte Regierungssprecher Steffen Seibert nicht kommentieren. Die Bundesregierung geht offenbar davon aus, dass der Inselstaat ohne fremde Hilfe über den Jahreswechsel kommen wird. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen und der scheidende Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, lehnten einen Schuldenschnitt ab.
"Ich werde mich jetzt hier über einzelne Maßnahmen nicht äußern", sagte Seibert bei der Regierungspressekonferenz. Bislang hätten die Programmauflagen im Mittelpunkt der Beratungen über den Finanzbedarf Zyperns gestanden. "Die Fragen der Finanzierung eines möglichen Programms können erst seriös beraten werden, wenn die Ergebnisse einer externen Untersuchung hinsichtlich des Bankensektors und dessen Rekapitalisierungserfordernissen vorgelegt werden", erläuterte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF). Das werde erst im Januar der Fall sein.
"Erst dann werden wir sehen, auf welche Möglichkeiten sich die Finanzminister nach genauer Betrachtung der Lage und nach Lektüre des Berichtes über den tatsächlichen Finanzierungsbedarf der zypriotischen Bankenszene einigen", sagte Regierungssprecher Seibert. Wie bei jedem Land, dem geholfen werden solle, werde darüber zu sprechen sein, wie die Schuldentragfähigkeit zu erzielen sei. Dafür gebe es verschiedene Instrumente.
"Die Finanzminister werden sich die Finanzierungsseite im Januar genau angucken, und da wird man alle Möglichkeiten ins Auge fassen müssen", sagte Seibert. Handlungsdruck wegen anstehender Fälligkeiten bestehe nicht. Im Eurogruppen-Statement vom 13. Dezember gehe die Eurogruppe davon aus, "dass die Zahlungsfähigkeit Zyperns auf kurze Frist gesichert ist", sagte der Regierungssprecher.
Auf die Frage, ob die starken wirtschaftlichen Verflechtungen Russlands mit Zypern Einfluss auf die Ausgestaltung des Hilfsprogramms haben werden, sagte Seibert: "Ich denke, die Vertreter der Troika werden im Gespräche mit Zypern alle Aspekte einbeziehen und im Januar zu einer Entscheidung kommen." Der Bundesregierung sei die enge wirtschaftliche Verknüpfung beider Länder bekannt. Russland sei sicher ein Land, das auch ein starkes Interesse an einer Gesundung Zyperns habe.
In erster Linie aber richteten sich die Erwartungen an die Regierung Zyperns, die die Gespräche mit der Troika aus Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF) führe. In deren Mittelpunkt stünden Themen wie die Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen, aber auch Auflagen etwa zur Bekämpfung der Geldwäsche, sagte Regierungssprecher Seibert.
Zuvor hatten sich in Interviews EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen und der scheidende Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker gegen einen Schuldenerlass für Zypern ausgesprochen. "Es wäre ungesund, über einen Schuldenschnitt für Zypern zu diskutieren", sagte Juncker im Interview mit dem Deutschlandfunk. Asmussen vertrat im Gespräch mit dem ARD-Morgenmagazin die gleiche Ansicht.
Juncker erinnerte daran, dass der Schuldenschnitt für Griechenland im Frühjahr als einmalige Ausnahme behandelt wurde. "Wir haben damals nicht von griechischsprachigen Völkern gesprochen, sondern nur von Griechenland." Es sei ein Fehler, das Vertrauen der Märkte zu belasten und jetzt falsche Signale auszusenden. Der Noch-Eurogruppenchef kündigte an, dass sich die Finanzminister der Eurozone am 21. Januar mit dem Fall Zypern beschäftigen werden.
Dann werden die Minister auch über verlässliche Daten aus dem Land verfügen, wie Notenbanker Asmussen sagte. Er zeigte sich skeptisch, was die Lage des Inselstaats angeht: "Es scheint, dass der Schuldenstand nicht mehr tragfähig ist." Der aufgeblähte Bankensektor des Landes müsse schrumpfen und der Staatshaushalt in Ordnung gebracht werden. Asmussen wich der Frage aus, ob mit einer Rettung Zyperns nicht russische Oligarchen vor finanziellen Verlusten geschützt würden. Aus einem Bericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) geht hervor, dass auf zyprischen Bankkonten massenhaft Schwarzgeld aus Russland lagern soll.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte weitere "erhebliche" Reformschritte für Zypern. Notwendig seien ein "echter Sparhaushalt" und "echte Strukturreformen", sagte der FDP-Minister im ARD-Morgenmagazin. Gleichzeitig betonte Westerwelle: "Der Euro ist nicht in Gefahr." Für Zypern gebe es entsprechende Hilfsmechanismen, "wenn Zypern diese will und beantragt". Westerwelle fügte hinzu: "Das setzt aber voraus, dass Zypern die eigenen Reformen auch wirklich ernsthaft machen muss."
Das überschuldete Zypern hat unterdessen einen Doppelschlag an schlechten Nachrichten verkraften müssen. Zunächst kündigte am Donnerstagabend der Internationale Währungsfonds (IWF) an, dass es bis zum Jahresende höchstwahrscheinlich keine Einigung über Hilfsmilliarden geben wird. In der Nacht zu Freitag senkte dann die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Zyperns um zwei Stufen auf "CCC+".
Kontakt zum Autor: beate.preuschoff@dowjones.com
Mitarbeit von Christian Grimm und Susann Kreutzmann.
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December 21, 2012 06:48 ET (11:48 GMT)
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