03.11.2014 16:43:49

Minuszinsen statt Minizinsen für Spareinlagen?

BERLIN (dpa-AFX) - Die Aufregung ist groß: Wohl zum ersten Mal bestraft eine Bank Kunden, wenn sie größere Summen bei ihr auf dem Tagesgeldkonto anlegen. Viele Sparformen werfen wegen des Dauertiefs an der Zinsfront ohnehin mickrige Zinsen ab, die noch unterhalb der Inflation liegen. Real verlieren Sparer also Geld. Droht jetzt gar noch eine Art Strafzins?

Worum geht es?

Die Deutsche Skatbank erhebt seit November für Beträge auf Tagesgeldkonten von mehr als 500 000 Euro einen Negativzins von 0,25 Prozent. Allerdings wird dieser nach Angaben der Bank erst dann fällig, wenn die Gesamteinlagen des Kunden - unabhängig von der Anlageform - drei Millionen Euro überschreiten. Eine Summe also, über die die wenigsten Privatanleger verfügen. "Solche Summen sind die absolute Ausnahme", sagt Christian Ahlers vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Er vermutet, dass es vor allem Anleger trifft, die ihr Geld bei der Bank parken, um zu einem günstigen Zeitpunkt wieder bei Aktien einzusteigen.

Wieviel Geld liegt auf Sparkonten?

Ende Juni betrug das Vermögen der Bundesbürger in Form von Bargeld und Einlagen wie Tagesgeld oder Spareinlagen und Sparbriefen nach Angaben der Bundesbank 1,95 Billionen Euro. Mehr als die Hälfte war Bargeld oder lag auf dem Girokonto. In Aktien oder Investmentfonds steckte insgesamt weniger als eine Billion Euro.

Müssen sich Millionen Sparer jetzt auf Negativzinsen einstellen?

"Ich rechne nicht damit", sagt Ahlers. "Negativzinsen im großen Stil kann sich die Branche vor dem Hintergrund des Vertrauensverlustes durch die Finanzkrise nicht leisten." Auch Sigrid Herbst von der Finanzberatung FMH glaubt nicht an flächendeckende Negativzinsen. "Das würde das Image der Branche beschädigen". Die Branche selbst wiegelt ab. Der Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt sei zu hart. In Deutschland buhlen neben privaten Großbanken wie Deutsche Bank und Commerzbank mehr als 400 Sparkassen, gut 1000 Volks- und Raiffeisenbanken sowie mehrere Direktbanken und weitere Institute um die Gunst der Kunden. Der Verband der Genossenschafts- und Raiffeisenbanken (BVR) betont: "Genossenschaftsbanken berechnen auch weiterhin regelmäßig keine negativen Zinssätze bei Privateinlegern - trotz des bekannten Einzelfalles bei Großeinlagen". Die Skatbank ist eine Direktbank-Tochter der Volks- und Raiffeisenbank Altenburger Land.

Wie begründet die Skatbank die Entscheidung?

Sie verweist auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Im Kampf gegen Konjunkturflaute und gefährlich niedrige Inflation hatten die Währungshüter den Leitzins auf das Rekordtief von 0,05 Prozent gesenkt. Zudem verlangt die EZB einen Strafzins von 0,2 Prozent von Banken, die Geld bei ihr parken. Allerdings: "Der negative Einlagenzins der EZB hat nichts mit dem Sparzins für Verbraucher zu tun. Das Geld der Banken wird am Markt verzinst, beispielsweise durch Kreditvergabe", sagt Ahlers. "Auch hier ist das Zinsniveau aktuell gering. Einen negativ verzinsten Verbraucherkredit habe ich aber noch nicht gesehen." Gerade einmal etwa 25 Milliarden Euro parkten Banken derzeit zeitweise bei der EZB, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren es mehr als 800 Milliarden Euro. Der Strafzins soll die Banken motivieren, mehr Kredite zu vergeben. Das könnte die Konjunktur anschieben.

Was ist das Problem der Finanzbranche?

Mit den Einlagen der Sparer ist wegen der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt kaum Geld zu verdienen. "Die Frage ist wie lange die Niedrigzinsphase noch anhält und wie lange Institute aus dem Einlagengeschäft noch Verluste in Kauf nehmen können", sagt Bankenexperte Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Entscheidend sei, ob das jeweilige Institut die Verluste durch andere Geschäfte kompensieren könne. Aus seiner Sicht ist das Vorgehen der Skatbank eine Art "Versuchsballon, um Aufmerksamkeit zu schaffen, ohne wirklichen Schaden anzurichten". Sigrid Herbst zufolge fahren viele Geldhäuser seit geraumer Zeit das Geschäft mit kurzfristigen Geldanlagen zurück. Bestimmte Produkte würden Neukunden gar nicht mehr angeboten./mar/DP/stw/he

--- Von Friederike Marx, dpa ---

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