16.12.2015 15:07:47

Merkel warnt EU-Länder vor Abschottung wegen Flüchtlingswelle

   Von Andreas Kißler

   BERLIN (Dow Jones)-- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die übrigen EU-Staaten vor dem am Donnerstag beginnenden Gipfel in Brüssel davor gewarnt, wegen der Flüchtlingsströme in nationales Denken zurückzufallen. Sie forderte erneut eine Einhaltung der Abmachungen zur Flüchtlingsverteilung und kündigte an, sich für eine schnelle Verabschiedung der Brüsseler Vorschläge für ein neues EU-Grenzschutzsystem einzusetzen. Sie zeigte sich zudem zuversichtlich, dass die EU sich mit Großbritannien auf eine Reform der Union einigen kann.

   "Abschottung ist im 21. Jahrhundert keine vernünftige Option", betonte Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag mit Blick auf nationale Alleingänge in der Flüchtlingspolitik. Sie werde deswegen bei allen Verhandlungen an den Zusammenhalt der EU denken.

Merkel will schnell EU-Grenzschutz Nach einem schwierigen Jahr für Europa seien auch weiter noch "dicke Bretter" in der Flüchtlingspolitik zu bohren. "Vor uns liegt noch ein steiniger Weg", konstatierte Merkel. Sie bestand darauf, dass die bereits gefassten Beschlüsse auch umgesetzt würden. Dies gelte für die Hotspots zur Flüchtlingsaufnahme und "die beschlossene Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen, die viel zu langsam vorangeht".

   Ausdrücklich stellte sich Merkel in diesem Zusammenhang hinter die jüngsten Brüsseler Vorschläge für ein europäisches Grenzschutzsystem. "Die Europäische Kommission hat dazu Vorschläge vorgelegt, die nicht nur in die richtige Richtung gehen, sondern in ihrer Reichweite noch vor einem Jahr kaum vorstellbar gewesen wären", meinte Merkel.

   Die Kommission schlägt vor, dass EU-Grenzbeamten notfalls auch gegen den Willen von Mitgliedstaaten an den Außengrenzen kontrollieren sollen. Merkel betonte, die Grenzschützer sollten "im äußersten Notfall auch eigenständig vorgehen" können, und machte sich für eine schnelle Verabschiedung stark. "Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Vorschläge der Europäischen Kommission möglichst rasch beraten und verabschiedet werden können".

   In anderem Zusammenhang lehnte Merkel Brüsseler Vorschläge zu einer europäischen Einlagensicherung ab.

Briten sollen in der EU bleiben Bei dem Gipfel in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs der EU erstmals auch ausführlich über die britischen EU-Reformforderungen sprechen. "Die Bundesregierung beteiligt sich konstruktiv an den Verhandlungen", versprach die Kanzlerin und zeigte sich "zuversichtlich", dass die EU sich am Ende mit Großbritannien einigt.

   "Deutschland wünscht sich, dass Großbritannien dauerhaft ein aktiver Partner in einer starken Europäischen Union bleibt", betonte Merkel. Die Debatte in Brüssel sei "allerdings nur eine Zwischenstation", denn am Ende werde es auf die Details einer Vereinbarung ankommen. Dabei stünden die grundlegenden Errungenschaften der EU nicht zur Disposition.

   Der britische Premierminister David Cameron will Reformen der EU, um die Briten davon zu überzeugen, bei dem spätestens Ende 2017 anstehenden Referendum für einen Verbleib in der EU zu stimmen.

   Ein deutscher Regierungsvertreter stellte vor Merkels Rede in Aussicht, Berlin werde "extrem hilfreich" bei den Verhandlungen sein. Die Bundesregierung habe "ein sehr großes Interesse daran, dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt, und dass wir Herrn Cameron ermöglichen, eine erfolgversprechende Kampagne über ein Referendum zu fahren."

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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   December 16, 2015 09:05 ET (14:05 GMT)

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