Merkel warnte die Europäische Zentralbank (EZB) davor, mit ihrer Politik Bemühungen bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und der Besserung der Wettbewerbsfähigkeit zu untergraben. Am Vorabend der nächsten EZB-Ratssitzung versagt sie damit dem geldpolitischen Projekt von EZB-Präsident Mario Draghi, einem groß angelegten Staatsanleihekaufprogramm, ihre Unterstützung.

   "Es muss verhindert werden, dass das Handeln der EZB in irgend einer Weise so erscheinen könnte, dass das, was im Fiskal- und Wettbewerbsbereich gemacht wird, in den Hintergrund tritt", sagte Merkel beim Neujahrsempfang der Deutschen Börse AG in Eschborn.

   Im Beisein von EZB-Präsident Mario Draghi fügte sie hinzu: "Es passiert sehr schnell, dass man das so sieht, als könnte das Eine das Andere ersetzen. Das geht mit Sicherheit nicht. (...) Der Druck auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa muss erhalten bleiben."

   Beobachter erwarten, dass die EZB in dieser Woche ein groß angelegtes Programm zum Ankauf von Wertpapieren, darunter vor allem Staatsanleihen, beschließen wird. Alleine die Erwartung dieses Programms hat die Staatsanleihezinsen und damit die Refinanzierungskosten der Euro-Staaten zuletzt weiter deutlich sinken lassen.

   Presseberichten zufolge hat EZB-Präsident Mario Draghi seine Pläne der Bundeskanzlerin in der vergangenen Woche vorgestellt. Merkel Äußerungen deuten darauf hin, dass sie ein solches Programm durchaus kritisch sieht.

   Die Bundeskanzlerin wies darauf hin, dass schon die bisher seit 2012 von Mario Draghi betriebene Politik der Euro-Rettung eher negative Auswirkungen auf die Reformbereitschaft mancher Länder hatte. Europa habe es "durch verschiedene Maßnahmen geschafft", dass unterschiedlich hohe Staatsanleihezinsen "in der politischen Diskussion heute eigentlich keine Rolle mehr spielen". Grund: Jeder wisse, dass dies "eine günstige Stunde" für die Staatsfinanzierung sei, und dass die Zinsen später wiedersteigen könnten.

   Nun, da das "Damoklesschwert hoher Staatsanleihezinsen" weg ist, muss Europa laut Merkel aufpassen, dass nicht nur noch über "Flexibilisierungen" diskutiert wird. "Wer unter diesen Bedingungen es nicht schafft, einigermaßen seine Haushalte zu konsolidieren, dann weiß ich nicht, wie das gehen soll, wenn die Zinsen einmal wieder höher sind", sagte die Kanzlerin. Sie reagierte damit auch auf die jüngsten Vorschläge der EU-Kommission, angesichts des schwachen Wachstumsausblicks die gerade verschärften Haushaltsregeln locker anzuwenden.

   Der Idee großer Konjunkturprogramme steht Merkel skeptisch gegenüber. "Wachstum entsteht nur durch Wettbewerbsfähigkeit, und die Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum lässt in Teilen zu wünschen übrig", sagte sie und fügte hinzu: "Es ist nicht die Zeit für schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme."

   DJG/hab

Dow Jones Newswires

   Von Hans Bentzien

FRANKFURT

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