30.05.2014 16:02:31

Merkel überraschend für Juncker als EU-Kommissionspräsident

   Von Stefan Lange

   BERLIN--Im Ringen um den neuen EU-Kommissionspräsidenten hat es eine überraschende Wendung gegeben. Kanzlerin Angela Merkel sprach sich auf dem Katholikentag in Regensburg erstmals direkt für den EVP-Kandidaten Jean-Claude Juncker aus, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag mitteilte. Merkel "führe alle Gespräche in dem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der EU-Kommission werden sollte", twitterte Seibert. Bislang hatte die CDU-Vorsitzende jede direkte Unterstützung für Juncker vermieden.

   Damit sind die Chancen für den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten und Eurogruppenchef enorm gestiegen, doch noch EU-Kommissionspräsident zu werden. Juncker war bei der Europawahl als Spitzenkandidat für die Europäische Volkspartei (EVP) angetreten, die am Sonntag als Sieger aus der Wahl hervorging. Juncker und die EVP brauchen jedoch noch weitere Unterstützer. Zwar schlagen die 28 Staats- und Regierungschefs einen neuen Präsidenten vor, das Parlament muss jedoch mit absoluter Mehrheit zustimmen. Die EVP alleine kommt nur auf 214 der 751 Sitze.

   Während die EU-Fraktionen bereits am Tag nach der Wahl Juncker das Recht zubilligten, als erster auf Mehrheitssuche im neuen Parlament gehen zu können, hatten die Staats- und Regierungschefs jede klare Aussage vermissen lassen. Darunter Kanzlerin Merkel, die lediglich darauf verwies, dass sich die EVP insgesamt für Juncker ausspreche. Direkt machte sich die Bundeskanzlerin jedoch nicht für Juncker stark.

   Merkels Schwenk darf nun auch als Reaktion auf den Druck verstanden werden, der in den letzten Tagen auch aus den eigenen Reihen ausgeübt wurde. Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok erklärte in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, es sei angesichts des Wahlausgangs "völlig klar, wer Kommissionspräsident wird: Jean-Claude Juncker".

   SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi forderte Merkel in der Süddeutschen Zeitung auf, die Kanzlerin müsse "klar erklären, ob sie wirklich zu Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident steht - oder lieber das Geklüngel auf Spitzenebene fortsetzen möchte".

   Mit ihrer Festlegung nimmt Merkel zudem jenen innerparteilichen Kritikern den Wind aus den Segeln, die sich für einen Unionspolitiker als künftigen EU-Kommissar ausgesprochen hatten. Unter anderem Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte dafür geworben, dass die Union einen von 28 Kommissaren stellt. Sollte Juncker tatsächlich EU-Kommissionspräsident werden, wäre es für CDU und CSU leichter zu verschmerzen, wenn die SPD einen Kommissar stellen dürfte. Erster Bewerber ist der sozialdemokratische Spitzenkandidat Martin Schulz, der bei der Europawahl das Nachsehen hatte. Jeder EU-Mitgliedstaat kann nur einen Kommissar benennen.

   Fraglich ist jedoch, ob auch die Mitgliedstaaten auf Merkels Kurs einschwenken, die Juncker bisher abgelehnt haben, allen voran Großbritannien mit seinem Premier David Cameron. Aber auch Ungarn, Schweden und die Niederlande gehören zu Junckers Kritikern.

   Der Poker um den neuen Kommissionspräsidenten bleibt also weiter spannend und wird noch einige Wochen in Anspruch nehmen: Seine Wahl ist erst für Ende Juli vorgesehen.

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJN/stl/sha

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   May 30, 2014 10:10 ET (14:10 GMT)

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