04.02.2014 14:53:31
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Merkel gibt Erdogan keinen Zeitplan für EU-Beitritt der Türkei
Von Christian Grimm und Susann Kreutzmann
BERLIN--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwehrt der Türkei weiter einen konkreten Zeitplan für eine EU-Mitgliedschaft des Landes. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Ministerpräsidenten, Recep Tayyip Erdogan, sagte Merkel, die Beitrittsverhandlungen würden "ergebnisoffen und nicht zeitlich befristet" geführt. "Es ist aber kein Geheimnis, dass ich einer Vollmitgliedschaft skeptisch gegenüberstehe", schränkte die Kanzlerin ein. Sie bevorzugt das Modell einer privilegierten Partnerschaft für Ankara. Beide Spitzenpolitiker ließen erkennen, dass demnächst weitere wichtige Kapitel der Beitrittsverhandlungen geöffnet werden könnten. Dabei handelt es sich um die sensiblen Bereiche Justiz und Menschenrechte.
Die CDU-Chefin machte deutlich, dass sie mit dem Vorgehen Erdogans in der Korruptionsaffäre nicht einverstanden ist. "Die Türkei muss zeigen, dass die Reformen der letzten Jahre Bestand haben", verlangte Merkel. Erdogan hatte hunderte Polizisten und Staatsanwälte versetzt oder entlassen, nachdem sie Ermittlungen im Korruptionsskandal aufgenommen hatten. Auch der Sohn des Ministerpräsidenten gehört zu den Verdächtigen.
Bereits am Vormittag hatte der türkische Regierungschef bei einer Rede mehr Unterstützung von Deutschland für die EU-Beitrittsverhandlungen verlangt. "Unsere Kooperation und Zusammenarbeit müssen wir ausbauen", sagte Erdogan bei einer Veranstaltung der Gesellschaft für Auswärtige Politik. Er verwies darauf, dass eine Aufnahme der Türkei in die EU für den regionalen Frieden in der Region von besonderer Bedeutung sein werde. Die Türkei habe gute Verbindungen in Krisenregionen wie dem Nahen Osten und dem Kaukasus. Erdogan hat derzeit in der Heimat keinen leichten Stand, weil ihm Korruption, brutales Vorgehen gegen Demonstranten und die Manipulierung der Justiz vorgehalten werden.
Der Premier will seinen Deutschlandbesuch gleichzeitig dazu nutzen, um Wahlkampf für sich und seine Partei AKP zu machen. In Deutschland leben rund 1,5 Millionen türkische Staatsbürger, deren Stimmen Erdogan sich sichern will. Bei den Präsidentschaftswahlen im Sommer sind sie erstmals stimmberechtigt. Erdogan wird am Nachmittag im Berliner Tempodrom vor 4.000 Anhängern sprechen. Bei einer Rede in Köln 2010 hatte er einen Eklat produziert, als er die Anpassung an die deutsche Gesellschaft ein Verbrechen nannte. Gefragt, ob er das Thems wieder aufgreifen wolle, wich Erdogan aus. Es gehe um die Integration der Türken in Deutschland, was etwas anderes sei als Assimilation. Merkel sprang ihm an dieser Stelle bei: "Ich glaube, darüber sind wir hinweg. Integration ist keine Einbahnstraße." Deutschland schätze unterschiedliche Einflüsse auf die Gesellschaft, sagte die Bundeskanzlerin.
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February 04, 2014 08:53 ET (13:53 GMT)
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