23.01.2014 13:38:00

Meinl Bank gab mehr für Anwälte und Co. als für Anlegervergleiche aus

Die mit über tausend Zivilverfahren sowie strafrechtlichen Ermittlungen konfrontierte Meinl Bank hat seit Aufkommen der MEL-Affäre zig Millionen Euro für Juristen, Sachverständige und PR-Berater ausgegeben. "Der Betrag dessen, was wir für Gutachten und Anwälte ausgegeben haben, übersteigt das, was wir für Vergleiche ausgegeben haben", sagte Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl am Donnerstag.

Das Geldhaus hat bisher 6.139 Kleinanlegern, die mit Papieren der Meinl European Land (MEL) Erspartes verloren haben, nach Eigenangaben 31,9 Mio. Euro außergerichtlich bezahlt. Weiterhin ist man bestrebt, sich offene Verfahren mit derartigen Vergleichen vom Hals zu schaffen. Derer waren zum Jahreswechsel noch 1.252 anhängig, der Streitwert beträgt rund 70 Mio. Euro. Ende 2010 waren es noch 2.700 Zivilverfahren gewesen. Die Rückstellungen der Bank belaufen sich auf etwa 18 Mio. Euro.

Ihren Kampf gegen die Justiz will die Meinl Bank aber ganz und gar nicht aufgeben. So hat das Institut jetzt bei zwei Professoren der Wirtschaftsuniversität Wien ein Privatgutachten zum Risiko des MEL-Zertifikats in der Vergangenheit anfertigen lassen, über das die APA bereits berichtet hat. Die WU-Experten Stefan Pichler und Stefan Bogner kommen darin zum Schluss, dass MEL von Mitte 2003 bis Mitte 2007, also bis zum beispiellosen Kurssturz, weniger "risikogeneigt" war als vergleichbare Veranlagungen. Vor dem Bekanntwerden der umstrittenen Rückkäufe, die auch Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sind, war die Kursentwicklung von MEL "relativ stabil", sagte Pichler bei einer Pressekonferenz. Er und sein Kollege haben 20 Investmentvehikel zu drei verschiedenen Zeitpunkten mit Hilfe mehrerer verschiedener Berechnungsmethoden verglichen.

Die Effekte der Rückkäufe, über die die Anleger ja erst im Nachhinein informiert wurden, wurden in dem Gutachten nicht untersucht. "Wir haben kein Rechenmodell, wo wir die Rückkäufe explizit heraus- oder hineinrechnen können", so Bogner.

Zum Thema Mündelsicherheit, über das in der Causa MEL schon viel gestritten wurde, wollten sich die beiden Professoren nur spärlich äußern. "Ich halte den Begriff 'mündelsicher' für komplett missglückt" respektive "ökonomisch unsinnig", meinte Pichler.

Im November 2006 hatte der Wirtschaftsprüfer Philip Göth für die Meinl Bank ein Gutachten erstellt, in dem er zum Schluss kommt, dass "die MEL-Aktien zur Veranlagung von Mündelgeld geeignet sind, sofern die Veranlagung im Rahmen eines sinnvollen Portfoliomixes erfolgt." Weinzierl heute dazu: "Die Aussage ist mit damaligem Wissensstand sicher vertretbar gewesen." Andere Immobilienfirmen, etwa s Immo, CA Immo oder Immofinanz, "hatten auch alle derartige Gutachten." Die MEL sei "als allerletzte" mit einer solchen Expertise aufgetreten. Die MEL hatte das Göth-Gutachten kurz nach Auffliegen der Rückkäufe und des darauffolgenden Kursrückgangs im Spätsommer 2007 kommentarlos von ihrer Homepage entfernt. Wenige Monate später tat es ihr die Immofinanz gleich.

Ihr neues Gutachten zur Risikogeneigtheit will die Meinl Bank jetzt in Zivilverfahren vorbringen, im Strafverfahren - die Justiz ermittelt ja seit nunmehr sechs Jahren gegen Julius Meinl, Weinzierl und andere (ehemalige) Meinl-Manager - "haben wir das bisher noch nicht getan", so Meinl-Anwalt Georg Schima.

Die Meinl Bank wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) bereits mehrfach wegen Irreführung von Anlegern verurteilt, weil sie das MEL-Zertifikat zu Unrecht als sichere Anlage beworben hat. Was das Privatgutachten da jetzt noch bringen soll? "Es geht uns nicht darum, die Judikatur zu bekehren", sagte Schima. Er und Bankchef Weinzierl sind trotzdem der Meinung, dass sich der OGH bereits bei seiner ersten Irrtumsentscheidung mit genau der Frage, wie hoch das MEL-Totalverlustrisiko zum Kaufzeitpunkt war, auseinandersetzen hätte müssen. Sie hoffen, dass die unteren Instanzen das jetzt tun und vielleicht selbst Sachverständige beauftragen.

Wobei sie prinzipiell die Ansicht vertreten, dass die Risikogeneigtheit keine Produkteigenschaft darstelle, wie das der OGH annehme. In dieser Frage hat Schima dann doch w.o. gegeben: "Dann soll es in Gottes Namen eine Produkteigenschaft sein - aber diese Eigenschaft (eine geringe Risikogeneigtheit, Anm.) hatte es auch."

Zum Vorwurf, dass die Meinl Bank mit ihren vielen Einwänden - etwa die teils erfolgreichen Versuche, Sachverständige loszuwerden - die Justiz lähme, meinte der Anwalt. "Arithmetisch mag das stimmen", dass von sechs Jahren Strafverfahren die Hälfte auf Einsprüche der Beschuldigten zurückgeht. "Aber mit unseren Einsprüchen gewinnen wir auch regelmäßig", warf Weinzierl ein. Die Staatsanwaltschaft Wien habe in der Causa bisher 27 Rechtsbrüche begangen. Auch das koste: Die Gutachterkosten der Republik belaufen sich laut dem Meinl-Banker auf mehr als 2 Mio. Euro. Auch vonseiten Atriums, die Nachfolgefirma der MEL, "wird Geld hinausgeblasen ohne Ende." Die 2-Mrd.-Euro-Klage gegen Meinl habe 20 Mio. Euro an Aufwendungen verursacht.

Die mehr als 30 Mio. Euro, die die Meinl Bank für rechtliche Belange ausgegeben hat, umfassen laut Weinzierl Zivil- und Strafverfahren, ebenso Aufwendungen im Zusammenhang mit den früheren Meinl-Firmen MAI und MIP, die sich zwischenzeitlich in Liquidation befinden.

Meinl-Anwalt Schima ist übrigens der Meinung, dass es jene, die Geld haben, vor Gericht leichter haben. "Natürlich haben wir insofern eine Klassenjustiz", sagte er im Zusammenhang mit den Einsprüchen der Meinl Bank. Es sei schon richtig, dass der Paragraf 106 der Strafprozessordnung (StPO, Einspruch wegen Rechtsverletzung) extrem oft bemüht worden sei. "Das war eigentlich der Lackmustest." Die Justiz müsse nämlich auch in der Lage sein, Verfahren gegen einen "sich maximal Wehrenden" in angemessener Dauer abzuhandeln.

(Schluss) snu/gru

WEB http://www.meinlbank.com

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