Hoher Schuldenberg 22.08.2013 15:09:34

ThyssenKrupp spricht mit Hedgefonds über Kapitalerhöhung

Grundsätzlich seien Beteiligungsgesellschaften aus New York und London zu einem Einstieg bereit, schreibt das "Manager Magazin" (MM) in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe ohne genaue Quellenangabe. Erste Gespräche seien bereits im März aufgenommen und dann Mitte Juli fortgesetzt worden. Als Helfer für eine mögliche Kapitalerhöhung habe der Konzern die Investmentbank Goldman Sachs und die Commerzbank engagiert.

ThyssenKrupp-Aktien reagiert positiv auf die Meldung und legten deutlich zu. Der Konzern wollte den Bericht der Zeitschrift nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies lediglich auf Aussagen aus der vergangenen Woche, wonach über eine Kapitalerhöhung noch nicht entschieden sei. Im Mai hatte Vorstandschef Heinrich Hiesinger einen solchen Schritt erstmals öffentlich als Option ins Spiel gebracht.

KREDITE IN GEFAHR

Der Konzern sitzt wegen des Milliarden-Desasters beim Bau neuer Stahlwerke in Brasilien und den USA auf einem 5,3 Milliarden Euro hohen Schuldenberg, zugleich ist das Eigenkapital bedrohlich geschrumpft. In der vergangenen Woche betonte Hiesinger, dass eine Kapitalerhöhung nicht unbedingt vom Verlauf der Verhandlungen über den Verkauf der Stahlwerke in Übersee abhänge. Diese ziehen sich viel länger hin als vom Konzern geplant.

Die Zeit drängt. Inzwischen ist das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital (Gearing) auf 185,7 Prozent angeschwollen. Damit ist die Marke von 150 Prozent gebrochen. Banken können deshalb zum Ablauf des Geschäftsjahres Ende September einige milliardenschwere Kreditverträge kündigen. ThyssenKrupp will nun mit den Instituten über eine Ausnahmeregelung verhandeln.

KAPITALBEDARF UNKLAR

Laut dem Magazin befürchtet Finanzchef Guido Kerkhoff, dass das für den Konzern teuer wird. Er dränge deshalb auf eine schnelle Kapitalerhöhung, um sich Luft zu verschaffen. Um die ärgsten finanzielle Nöte zu lindern, reichen laut der Zeitschrift 800 Millionen bis 1,5 Milliarden Euro. Sollten aber weitere Abschreibungen in Übersee auf ThyssenKrupp zukommen, müssten mehrere Milliarden her.

Als Alternative nennt das Magazin eine alte Spekulation, den Verkauf auch des europäischen Stahlgeschäfts. Dies hatte Hiesinger zuletzt aber immer wieder klar dementiert und die Gerüchte als "Unsinn" bezeichnet.

AUSGABE VON 38 PROZENT NEUER Aktien MÖGLICH

Der Konzern darf die Zahl der Aktien um bis 38 Prozent erhöhen, ohne die Aktionäre dafür extra befragen zu müssen. Entsprechende Beschlüsse hatte sich das Unternehmen bei vergangenen Hauptversammlungen eingeholt. Rechnerisch könnte sich der Konzern damit gut 3 Milliarden Euro beim aktuellen Kurs ins Haus holen. Allerdings dürften die neuen Aktien nur mit einem hohen Abschlag zu verkaufen sein. Am Markt wird mit einem Rabatt von mindestens 25 Prozent gerechnet.

ThyssenKrupp gilt für die oft als "Heuschrecken" bezeichneten Investoren als durchaus lukratives Ziel. Analysten schätzen, dass die Einzelteile des Konzerns dreimal so viel wert sind wie der derzeitige Börsenwert von gut 8 Milliarden Euro.

ALTES TABU-THEMA

Eine Kapitalerhöhung galt lange als Tabu bei ThyssenKrupp. Denn die Krupp-Stiftung kann dem Vernehmen nach aus eigener Kraft nicht bei der Kapitalerhöhung mitziehen. Damit wackelt deren Sperrminorität von gut 25 Prozent der Anteile und damit auch der Übernahmeschutz für den Konzern.

Zuletzt hatte Vorstandschef Hiesinger im "Spiegel" die Bedeutung der 25 Prozent heruntergespielt. Für die Verhinderung unliebsamer Entscheidungen sei das nicht entscheidend. Wichtiger sei, dass die Stiftung weiter Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden dürfe. Bislang sind es drei, sollte der Anteil unter 20 Prozent sinken, wären es noch zwei. Das würde reichen, um zusammen mit der Arbeitnehmerseite Entscheidungen zu blockieren. Sollte die Stiftung aber weniger als 10 Prozent am Konzern halten, wäre auch das Entsenderecht weg.

/enl/mmb/fbr

ESSEN/HAMBURG (dpa-AFX)

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