12.03.2014 17:13:31

MAN hofft auf Schub durch mehr Kooperation mit Scania

   Von Ilka Kopplin

   MÜNCHEN--Das Management des Traditionsunternehmens MAN musste sich bei der Bilanz-Pressekonferenz viele Fragen stellen lassen. Schliesslich hatte der Konzern gerade die Geschäftsergebnisse eines äußerst miserablen Jahres präsentiert: Der operative Gewinn war um mehr als die Hälfte auf 475 Millionen Euro zusammengeschrumpft, unterm Strich stand auf Grund von Rückstellungen und hohen Ertragssteuern sogar ein herber Verlust von mehr als einer halben Milliarde Euro in den Büchern. Die Umsatzrendite, die mittelfristig 8,5 Prozent erreichen soll, rutschte auf mickrige 3 Prozent ab. In Wolfsburg, wo Konzernmutter Volkswagen ihren Hauptsitz hat, dürften diese Ergebnisse nicht gut angekommen sein.

   Schon 2014, aber auch in den Folgejahren soll das Geschäft aber wieder bergauf gehen - wohl auch dank der besseren Zusammenarbeit in der LKW-Troika mit Scania und Volkswagen. "Es gibt gute Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit Scania", sagte Trucks-Chef Anders Nielsen. Denn bei Lkws lässt sich besser im Kleinen zusammenarbeiten: VW, MAN und Scania könnten in ihren verschiedenen Lastkraftwagen kostensparend bestimmte Module wie Achsen und Getriebe vereinheitlichen und gleichzeitig dennoch unterscheidbare Modelle anbieten.

   Volkswagen hatte kürzlich angekündigt, die schwedische Tochter Scania komplett übernehmen zu wollen und den verbliebenen Minderheitsaktionären ein Angebot gemacht. Bis zu sieben Milliarden Euro könnte das die Wolfsburger kosten, aber bei einigen Aktionären des schwedischen Nutzfahrzeugherstellers regt sich der Widerstand gegen eine zu strikte Kontrolle durch Volkswagen.

   Für Volkswagen ist eine engere Verknüpfung der verschiedenen Lkw-Aktivitäten aber unabdingbar. Und auch der Nutzfahrzeug-Manager bei MAN verbindet große Hoffnungen mit dem neuen Angebot. "Wenn das VW-Angebot erfolgreich durchgeht, dann wird die Zusammenarbeit einfacher sein", zeigte sich Nielsen überzeugt. VW-Konzernpatriarch Ferdinand Piëch hatte sich langfristig einmal Synergien von rund einer Milliarde Euro ausgemalt. Davon ist man jedoch weit entfernt. In diesem Jahr sollen mit etwa 200 Millionen Euro nur ein Bruchteil dessen vor allem durch den gemeinsamen Einkauf gehoben werden.

   Aus Expertensicht ist die mühsame Zusammenarbeit kein Wunder. "Bisher waren das zwei Unternehmen in zwei Ländern, die nichts miteinander zu tun haben wollten", sagt Analyst Frank Schwope von der Nord LB mit Blick auf die beiden VW-Töchter. Letztlich sei das der Grund gewesen, warum nur wenige Synergien hätten gehoben werden können. "Bisher war es so, dass Scania weitgehend selbstständig gearbeitet hat", glaubt auch Frank Biller, Analyst bei der LBBW.

   Zukünftig geht es also darum, mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl die verschiedenen Kulturen auf den richtigen Weg, den VW-Weg, zu bringen. Dafür hatten die Wolfsburger eigens das Daimler-Urgestein Andreas Renschler abgeworben. Ab Februar 2015 soll Renschler als oberster LKW-Chef im Volkswagen-Konzern das schaffen, was dem jetzigen Lenker Leif Östling nur bedingt gelang: die erfolgreiche Integration und Kooperation der LKW-Töchter.

   Aus München bekommt Renschler dabei öffentlich Vorschuss-Lorbeeren. Der 55-Jährige, der vor seinem Abgang bei Daimler als Anwärter auf den Chefsessel galt, sei ein erfahrener Manager in der LKW-Branche und mit den Herausforderungen einer Mehrmarkenstrategie vertraut, findet Trucks-Chef Nielsen nur lobende Worte.

   Den Rückenwind aus einem funktionierenden Konzernverbund, den Renschler entfachen soll, braucht man auch bei MAN, wenn es wie geplant wieder bergauf gehen soll. Allein im Geschäft mit Lastwagen und Bussen soll das operative Ergebnis mittelfristig auf mehr als 800 Millionen Euro klettern. Zum Vergleich: 2013 verbuchte MAN in diesem Geschäftsfeld einen Betriebsgewinn von gerade einmal 228 Millionen Euro. Das klingt umso ambitionierter, wenn man bedenkt, dass die Geschäfte mit Nutzfahrzeugen in Lateinamerika, die rund 40 Prozent des Absatzes im vergangenen Jahr ausmachten, von diesem Ziel ausgenommen sind.

   MAN hat im Gegensatz zum Branchenprimus Daimler das Problem, nicht annähernd so global aufgestellt zu sein. Das Gros des Absatzes erwirtschaften die Münchener in Europa und Brasilien. Da sich diese Regionen zumindest in der ersten Jahreshälfte 2013 beide sehr schwach entwickelten, hatte MAN schwer zu kämpfen. Erst nachdem etliche Spediteure im vierten Quartal mehr Lastkraftwagen orderten, bevor im Januar die strengere Abgasnorm Euro 6 die Motoren verteuert, konnte MAN das Schlimmste verhindern. Zukünftig will MAN sich deshalb stärker internationalisieren, langfristig sollen die Käufer nur noch zur Hälfte aus Europa kommen.

   Kein Wunder also, dass Nielsen das Mittelfristig-Ziel von 800 Millionen Euro "eine Riesenherausforderung" nennt. Aber im Konzernverbund mit Volkswagen ergeben sich nun ganz andere Möglichkeiten, sagte Nielsen. Und eben auch im Verbund mit Scania. Man werde in den kommenden Jahren wohl am Thema Modulbaukasten arbeiten, sagte Nielsen. Modulbaukasten, wie es sie PKW-Bereich gibt, können sich auch die Experten Schwope und Biller gut vorstellen. Der Vorteil: Module wie Achsen und Getriebe müssen nur einmal entwickelt werden und können in vielen Modellen zum Einsatz kommen. Dadurch können enorme Kosten gespart werden. Volkswagen beherrscht das im PKW-Bereich bereits perfekt und fährt mit der Mehrmarkenstrategie sehr erfolgreich.

   Im LKW-Bereich könnte das nach Expertenmeinung auch sehr gut funktionieren. Die Probleme sind dabei eher menschlicher denn technischer Natur. Nielsen ist sich als gebürtiger Schwede und ehemaliger Scania-Manager dieser Probleme durchaus bewusst. Es herrschten unterschiedliche Kulturen und es seien unterschiedliche Produkte und Marken, sagt er mit Blick auf die Schweden und Münchener. Aufgabe sei es zukünftig, Kompromisse zu finden, welche Produkte wie zusammen entwickelt und produziert würden. "In den nächsten kommenden Jahren werden wir gute Verbesserungen sehen", betonte er aber.

   Das sieht das auch Wolfsburger Konzernmanagement ähnlich. Langfristig, also in den nächsten zehn bis 15 Jahren, sollen laut VW durch die Komplettübernahme mindestens 650 Millionen Euro an zusätzlichem operativem Ergebnis jährlich erzielt werden. Das muss es auch, schließlich nimmt Volkswagen für die Übernahme mehrere Milliarden Euro in die Hand.

   Kontakt zum Autor: Ilka.kopplin@wsj.com

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   March 12, 2014 12:06 ET (16:06 GMT)

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