Andere investieren 21.11.2014 07:20:00

Aufsichtsrats-Chef der Lufthansa sieht Österreich stagnieren

"Österreich hat seit einigen Jahren seine Standortqualität minimiert", bedauerte Keynote-Speaker Wolfgang Mayrhuber, Aufsichtsratschef der AUA-Mutter Lufthansa. "Trotz Marktöffnung Richtung Osten." Während Deutschland und die Schweiz, beispielsweise auch Schweden in Statistiken aufholten, sei Österreich zurückgefallen, so Mayrhuber. "Wenn das beim Skifahren passiert wäre", mutmaßte er, dann würde die Toleranz der Bürger wohl rascher enden. "Andere agieren und investieren, wir stagnieren", meinte der gebürtige Oberösterreicher. Also müsse man Schlussfolgerungen ziehen - etwa, dass das Pensionssystem in Einklang mit den längeren Bildungsphasen und Lebenserwartungen zu bringen sei oder auch, dass die Abgabenquote zu hoch sei.

Die Ursachen dürften jedenfalls nicht bei anderen - EU, Euro, Finanzkrise - gesucht werden, sondern in Österreich selbst. Die Österreicher würden die Fakten jedenfalls vertragen.

Als Hauptproblem bezeichnete Mayrhuber für Österreich aber "Ankündigungslasten". Es sei ein Problem für Investoren, wenn laufend darüber diskutiert werde, was alles kommen könne, wie "Erbschafts- oder Vermögenssteuer".

Auch habe es in Österreich keine Programme gegeben, wie die "Agenda 2010 von Schröder oder die Schuldenbremse ? la Schäuble" in Deutschland. Die Chance für Österreich sei der große "Heimmarkt EU" und das Know-how Wirtschaftstreibender. Diese gehörten von der Politik mehr gehört - etwa beim Thema "was sind die Kernwerte der Marke Österreich, wofür wollen wir vom Ausland einmal beneidet werden? - Hier gibt es viel zu tun."

Der Start müsse beim unterstützten der Grundfesten liegen - ohne solide Finanzen geht gar nix." Zuletzt sei der Schuldenstand trotz Mehreinnahmen gestiegen - "ein Alarmsignal". Die Flugticketsteuer gehöre am besten sofort abgeschafft lobbyierte Mayrhuber für sein Unternehmen.

Außer Mayrhuber nahmen auch die Vizerektorin der WU Wien, Barbara Sporn, ÖBB-Chef Christian Kern und Gastgeber Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) an der inzwischen zweiten Diskussion "Finanz im Dialog" teil.

Schelling hob in seinen Eingangsworten zur Wettbewerbsfähigkeit Österreichs hervor, dass es in erster Linie für eine positive Standortentwicklung um eine Steigerung der Bildungsqualität gehe. "Da müssen wir wieder besser werden."

Sporn kritisierte, dass "die Hochschulpolitik 2004 stehen geblieben" sei. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die Politik "nicht mehr um globale Wettbewerbsbedingungen bei Unis gekümmert". Derzeit herrschen "einschränkende gesetzliche Rahmenbedingungen", wie etwa beim offenen Zugang, der Forschung und Lehre erschwere. "Zweites Thema ist die Forschung, in der wir Bedingungen bieten müssen, die international wettbewerbsfähig sind", meinte die WU-Vizerektorin.

Kern sah eine "fast verzweifelte Grundstimmung unter den Eliten im Land. Problem ist, dass die Realität sich der Stimmungslage nähert". Evident sei eine Wachstums- und Investitionskrise in Europa. "Das endet in einer Vertrauenskrise. Und wir nehmen uns zu wenig vor, wie wir raus wollen aus dieser Situation. Es gibt keinen Plan, der uns in die Zukunft führen könnte, der eine gewisse Glaubwürdigkeit bietet", bedauerte der ÖBB-Chef.

Schelling sagte noch, "wir sollten wachgerüttelt sein, wir haben Chancen". Auch stimme es, dass Österreich gut durch die Krise gekommen sei. "Wir haben vergessen von verwalten auf gestalten umzuschalten. Wir brauchen eine klare gestalterische Vision.'" Nun müsse Thema sein, "was tun wir um dorthin zu kommen". Strategien fehlten derzeit noch, gestand der Finanzminister ein.

Steuerlich habe Österreich ein Ausgaben- nicht Einnahmenproblem, so Schelling weiter über die "hohe Abgabenquote". Es werde ja an einer "Steuerreform im Ausmaß von 5 Mrd. Euro" gearbeitet, so der Politiker, "das habe ich mir ehrlichgesagt leichter vorgestellt". Es solle keine Ausrede sein, aber eine Koalition sei eben wie eine Ehe - es würden Probleme gemeinsam gelöst, die man alleine nicht hätte. Anfang Dezember werde ein Modell vorgestellt werden. Jedenfalls solle die Steuerreform Investitionen befeuern.

phs/ggr

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